04/27/20

Giersch - ein Unkraut wird (wieder) zum Wildgemüse

Der Giersch (Aegopodium podagraria) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Aegopodium in der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Sie ist die einzige in Europa vorkommende Aegopodium-Art.
Der botanische Gattungsname Aegopodium leitet sich von griechischen Worten ab (aigeos  „von Ziegen“ + podos für Fuß); das bezieht sich auf die Gestalt der Blätter, die an einen Ziegenfuß erinnern. Diese Pflanzenart findet seit Jahrhunderten in der Volksmedizin zur Linderung der Schmerzen bei Rheumatismus und Gicht (Podagra) Verwendung. So gibt es für Giersch viele Namen; wie Dreiblatt, Geißfuß, Ziegenkraut, Schettele, Zaungiersch, Baumtropf, Wiesenholler (Gierschblätter sind ähnliche denen von Holunder = Holler); regional: Ackerholler (Kärnten), Erdholler oder Wilder Holler (Steiermark, Nordbaden), Wilde Angelika (Ulm), Angelken (Norddithmarschen), Baumtropfe (Aargau, Bern, Zürich), Baumtröpfle (Aargau, Bern, Zürich), Dreifuss (Daun, Eifel), Kleine wilde Engelwurz, Fearkenfaite (in der Bedeutung von „Ferkelfüsse“) (Iserlohn), Gäse (Grafschaft Mark), Gese (Grafschaft Mark), Garta (Iborig, St. Gallen), Geersch (Pommern), Geerseln (Unterweser), Geesche (Braunschweig), Geesel (Unterweser), Geeske (Ostfriesland), Geisfüssel, Geisfuss, Gere (Berg), Gerhardskraut, Gerisch (Mark Brandenburg), Gersse, Gerzel (Altmark), Gesch (Mecklenburg), Geseln (Göttingen), Gezeln (Göttingen), Geszenkielm (Marsburg), Gierisch (Schlesien), Giers (Mecklenburg), Gierts (Mecklenburg), Giersa, Gierschke, Giersick, Giersig (Schlesien), Giesseln (Unterweser), Girsch (Ulm), Girschke, Gösch (Lübeck, Mecklenburg), Griessbart (Schlesien), Gurisch (Leipzig), Gysch, Härsch (Ostfriesland), Hasenschätteln (Memmingen), Hasenscherteln (Augsburg), Heerke (Unterweser), Heersch (Dithmarschen, Oldenburg), Herske (Ostfriesland), Hinfuss (Ulm), Hinlauf, Hirs (Mecklenburg), Jesche (Fallersleben), Jessel, Jorisquek (Hamburg), Jörsquek (Holstein), Jörs (Holstein, Lübeck), Jösk (Mecklenburg), Jürs (Mecklenburg), Krafues (Kärnten), Maienkraut (Bern), Negenstärke, Nebensterke, Podagramskraut, Rutzitzke (Niederlausitz), Schnäggachrut (St. Gallen), Strenzel, Wasserkraut (Kärnten), Wetscherlewetsch, Witscherlenwertsch (Ulm), Wuchchrut (Appenzell, Oberrheintal), Ziegenkraut (Leipzig), Zipperleinskraut, Zipperlikraut (Bern).

Der Giersch wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 30 bis 100 Zentimeter. Da der Giersch aus einem stark wuchernden Rhizom entspringt, können die Ausläufer Kolonien bilden. Mit unterirdischen Ausläufern verbreiten sich einzelne Pflanzen binnen weniger Jahre über große Flächen. Er wurzelt bis 50 Zentimeter tief. Die bodennahen Blätter überdauern in milden Wintern; der Giersch ist damit teilwintergrün.
Der Giersch ist in fast ganz Europa und den gemäßigt-kontinentalen Gebieten des eurasischen Laubwaldgürtels verbreitet. Sein Verbreitungsgebiet umfasst Europa, die Türkei, den Kaukasusraum, Kasachstan, Kirgisistan und Sibirien. In Nordamerika wurde er eingeschleppt.

Giersch gilt bei Gärtnern als ein lästiges „Unkraut“; er breitet sich wuchernd aus und lässt sich wegen seiner unterirdischen Triebe nur schwer bekämpfen. Andererseits ist Giersch ein wohlschmeckendes Wildgemüse. Giersch kann als Salat oder Gemüse zubereitet werden und erinnert in Geruch und Geschmack an Spinat und ein wenig an Petersilie. Er enthält viel Kalium, Vitamin C, Karotin und Eisen. Da Giersch im Gegensatz zu vielen anderen Gemüsearten über eine lange Zeit im Jahr zur Verfügung steht und nur geringe Ansprüche an Boden, Wasser und Lichtversorgung stellt, sicherte er beispielsweise während der Weltkriege vielen Menschen die Vitaminzufuhr. Beim Sammeln ist darauf zu achten, eine Verwechslung mit ungenießbaren und sogar giftigen Arten von Doldenblütlern zu vermeiden (beispielsweise Gefleckter Schierling oder Breitblättriger Merk). Als Salat eignen sich – wie bei anderen Wildpflanzen auch – vor allem die ganz jungen, kaum entfalteten Blätter. Die rohen Blätter können auch in Aufstriche und Suppen gegeben werden. Wenn die Pflanze schon älter ist, sind die Blätter für einen schmackhaften Salat zu grob. Sie eignen sich dann aber nach wie vor zum Kochen, etwa für Aufläufe oder als Tee. Die Blätter werden dann vergleichbar dem Blattspinat gekocht bzw. gedünstet. Die Gierschstiele aber können bitter schmecken und werden im Zweifel besser vor dem Kochen entfernt.
Meerschweinchen und Kaninchen fressen den Giersch sehr gerne, so dass er auch als Kleintierfutter dienen kann.

Informationen:

Wikipedia - engl. Aegopodium podagraria -

Unkraut in der Küche: Giersch - aid aktuell, 29.04.2015
Giersch ist mehr als Unkraut. BZfE News 25.04.2018
Giersch: Essen – nicht ärgern. BZfE News 12.04.2023  (Gründonnerstagssuppe BZfE)

Giersch – Heilpflanze, Tee und Rezepte.  link bei www.heilpraxisnet.de 20.07.2019

So landet Giersch in Mixer oder Pfanne. dpa-Pressemeldung am 16.03.2023 z.B. in Bürstädter Zeitung + Rhein-Zeitung

Gedichte von Jan Wagner – zu Giersch (Melde /Schlehen) - Buch: Regentonnevariationen, Hanser-Verlag, 2014
Widerborstiges Kraut hat den Reim im Griff. Deutschlandfunk  24.11.2014
Jan Wagner liest "Giersch". 3SatMediathek  12.03.2015

Es gibt Giersch auch áuf einer Briefmarke aus
Dänemark (MiNr.-1958-1961-1962, 06.09.2018) Wild vorkommende Nahrungsmittel. Gewöhnlicher Giersch (Aegopodium podagraria) (Abb)
Agrarphilatelie Nr.188, April 2022, S.18-19

 

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