02/26/24

Schwarzer Holunder

 

Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) ist ein Strauch oder kleiner Baum aus der Gattung Holunder (Sambucus), der im größten Teil Europas natürlich vorkommt. Für den Schwarzen Holunder gibt es im deutschen u. a. die Trivialnamen Holunder (mittel- und oberdeutsch), Holder(busch) (südwestdeutsch-schweizerisch), Holler (bairisch-österreichisch) und Flieder (niederdeutsch). Seine Blüten und Früchte finden vielfach Verwendung als pflanzliches Heilmittel, Lebensmittel und Farbstoff. Der Schwarze Holunder wurde vom Verein NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2024 gekürt.

Der Schwarze Holunder ist eine der häufigsten Straucharten in Mitteleuropa. Ebenfalls anzutreffen ist er im restlichen Europa, in Westsibirien, im nördlichen Indien, dem Kaukasus, Kleinasien und in Nordafrika. Von Vorteil dafür ist sicher seine Robustheit und Anspruchslosigkeit. Holunder ist ausgesprochen frosthart und gedeiht gut im Halbschatten auf Unkraut- und Ruderalfluren, Waldlichtungen oder an Wegrändern, schätzt jedoch insbesondere mittelschwere bis sandige, stickstoffreiche und frische, schwach saure Lehmböden. In den Alpen ist er bis in die mittlere Gebirgslage von etwa 1500 Metern anzutreffen. In Österreich kommt der Holunder in allen Bundesländern sehr häufig vor. Neben wilden Vorkommen findet er sich auch in Kultur. Ein Anbaugebiet für Holunder ist die Oststeiermark.

Der Schwarze Holunder ist ein sommergrüner bis 7 Meter hoher, reichverzweigter Strauch oder bis 10 Meter hoher, breit ausladender, kleiner Baum mit überhängenden Zweigen. Die jüngeren Zweige sind zunächst grün, später graubraun und besitzen ein weiches, weißes Mark. Er ist ein Flachwurzler mit weitreichendem Wurzelwerk. Der Schwarze Holunder kann etwa 100 Jahre alt werden.  Die Laubblätter entwickeln sich sehr früh im Jahr, etwa im März bis April und lange vor den Blüten. Ab Mai bis in den Juli erscheinen an den Zweigen endständige, aus vielen und dichtstehenden Einzelblüten bestehende, flache Schirmrispen mit einem Durchmesser von 10–15 Zentimeter. Ihr frischer, fruchtiger Duft ist unverwechselbar und typisch für den Holunder. Der Schwarze Holunder bildet Steinfrüchte, die häufig als „Beeren“ oder „Fliederbeeren“ bezeichnet werden. Sie reifen von August bis September und färben sich während des Reifens von anfangs grün über rot zu einer glänzenden, fast schwarzen Farbe. Sie sind saftreich, kugelig und besitzen einen Durchmesser von 5–6 Millimeter. Die Früchte enthalten meist drei Samen.

In den Blättern, der Rinde und unreifen Beeren sind giftige cyanogene Glycoside, hauptsächlich Sambunigrin vorhanden, sowie Lektine, vor allem Nigrin b, die Verdauungsstörungen verursachen. Über die Giftigkeit beim Menschen gibt es unterschiedliche Angaben. Sie reichen von ungiftig bis „zu vermeiden“. Bei Kindern und sensiblen Personen kann der Verzehr zu Symptomen von Erbrechen und leichten Krämpfen bis hin zu starkem Durchfall oder Magenbeschwerden führen. Der Genuss roher Früchte sollte daher vermieden werden. Durch Erhitzen zerfallen die cyanogenen Glycoside und der Gehalt an cyanogenen Glycosiden in den Beeren wird stark verringert. Die Holunder-Pollen gehören  zu den Erregern des Heuschnupfens. Gefährdet sind die Betroffenen jedoch nur, wenn sie sich in der Nähe von blühenden Holunderbüschen aufhalten.

Holunder wird als Lebensmittel verwendet, und findet in der Pflanzenheilkunde sowie als Färberpflanze Verwendung.
Sowohl die Blütenstände als auch die Früchte lassen sich zu Lebensmitteln verarbeiten. Die Beeren sind nach dem Abkochen oder Vergären essbar.
Die Blüten werden als geschmacksgebende Komponente für Getränke verwendet. Besonders weit verbreitet sind Holunderlimonade bzw. -sirup und Holundersekt. Die Blüten werden in eine Zuckerlösung gelegt und nach einigen Tagen abfiltriert. In dieser Zeit hat die Zuckerlösung das Holunderblütenaroma angenommen.
Eine bekannte Zubereitungsform für die Blüten sind ausgebackene Holunderblüten, die im deutschen Sprachraum als Hollerküchel, Holunderpfannekuchen, Holunderküchle, Hollerkiachal (Bayern), Hollerschöberl oder (in Österreich) als Hollerstrauben bezeichnet werden. Zur Herstellung dieses saisonalen Schmalzgebäcks werden die Blüten (Schirmrispe) in einen dünnflüssigen Teig aus Mehl, Eiern, Bier oder Prosecco und weiteren Zutaten getaucht, in der Pfanne gebacken oder frittiert, die dickeren Teile der Rispenstengel mit einer Schere abgeschnitten oder als Greifmöglichkeit am Gebäckstück belassen. Vor dem Servieren werden die Kiachal häufig mit Puderzucker bestäubt.
 Die Beeren müssen vor der Verarbeitung zu Gelee, Mus, Muttersaft oder Obstwein erhitzt werden. Aus den Beeren kann man mit Verdickungsmittel (Stärke), Gewürzen und Zucker eine Fruchtsuppe bereiten (in Norddeutschland als Fliederbeersuppe bezeichnet). Holunderbeeren werden zum Backen verwendet und kommen als Zutat in Roter Grütze vor. Ebenfalls in Norddeutschland ist die Verwendung des eingedickten Saftes aus den Früchten in Grog üblich (d. h. mit heißem Wasser und Rum gemischt). Die Beeren lassen sich problemlos einfrieren. Der Saft ist sehr aromatisch, aber säurearm und kaum süß. Daher wird er oft mit Apfel-, Birnen- oder anderen süßen Fruchtsäften gemischt. Aus Holunderbeeren kann Wein und Obstbrand hergestellt werden. Holundersirup wird auch als Zusatz zu Sekt genutzt, so war der Hugo (z.B. Rezept) 2012 ein Mode-Cocktail
(2012). 

Vom Schwarzen Holunder werden Blüten und Früchte (seltener auch Blätter und Rinde) arzneilich genutzt werden. Die Holunderblüten besitzen eine schweißtreibende, die Bronchialsekretion vermehrende, schleimlösende, immunstimulierende, entzündungshemmende, harntreibende und antioxidative Wirkung. Ihr Hauptanwendungsgebiet ist der sehr warm getrunkene Schwitztee bei fieberhaften Erkältungskrankheiten. Weniger stark aufgebrüht und nur lauwarm getrunken wird der Holunderblüten-Tee auch als Vorbeugungsmittel gegen Erkältungskrankheiten und Grippe genutzt. Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Katarrhe der Atemwege und trockener Reizhusten. Volksmedizinische Anwendungsgebiete sind zudem Hautunreinheiten, Rheuma und Gicht sowie die Nutzung als harntreibendes und blutreinigendes Mittel. Die Drogenbezeichnung für die getrockneten und abgerebelten Holunderblüten ist Sambuci flos (früher Flores sambuci). 
Die Holunderbeeren sind schweißtreibend, antiviral, immunstärkend, entzündungshemmend, antioxidativ und haben eine leicht abführende Wirkung. Sie besitzen einen hohen Gehalt an Vitamin C, sowie vielen weiteren bioaktiven Substanzen. Sie zählen zu den anthocyanreichsten Lebensmitteln. Die antioxidativ wirkenden Anthocyane schützen die Zellmembranen vor Veränderungen durch freie Radikale und verlangsamen so den Alterungsprozess der Pflanzenzellen wie auch den der Zellen des menschlichen Konsumenten. Zusätzlich sollen sie einen entzündungshemmenden und dadurch schmerzlindernden und fiebersenkenden Effekt haben. Polyphenole, die aus den Früchten des schwarzen Holunders gewonnen wurden, zeigten in einer Studie interessante zell- und gewebeschützende Effekte, die die durch den oxidativen Stress bei diabetischer Stoffwechsellage entstandenen Gefäßschäden reduzieren konnten. Die Drogenbezeichnung für die getrockneten Holunderbeeren ist Sambuci fructus (früher Fructus sambuci). Gängig ist die Nutzung von aus frischen Früchten hergestelltem Saft oder Mus.
Auch bei Magenbeschwerden wird Holundertee in der Hausmedizin erfolgreich angewendet.
Die Holunderblätter (Sambuci folium, früfer: Folia Sambuci) werden in der Volksheilkunde bisweilen bei rheumatischen Erkrankungen angewendet.
Holunderöl wird durch Kaltpressung aus den Samen des Schwarzen Holunders gewonnen und findet neben der Nutzung in der Pharmazie und Medizin auch in der Kosmetik und in der Küche Anwendung.
Der Schwarze Holunder wurde vom Verein NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2024 gekürt. In der Begründung heißt es, den Schwarzen Holunder nutzen „viele als Beerensaft oder Blütentee bei Erkältungskrankheiten“.

Die Früchte des Schwarzen Holunders enthalten mehrere Farbstoffe, die sich u. a. zum Färben von Lebensmitteln und Textilien eignen. Die Hauptfarbstoffe sind die zu den Anthocyanen gehörenden Cyanidin-Glycoside, sowie das Flavonol Quercetin und seine Glycoside, z. B. Rutin. Die Beeren wurden früher zum Färben von Haaren und Leder eingesetzt. Mit dem Saft färbte man auch Rotwein. Der burgunderrote Saft der Beeren des Schwarzen Holunders ist aus Textilien kaum auswaschbar. Nachdem sowohl die Konsumenten als auch die Lebensmittelindustrie inzwischen höhere Ansprüche an Färbemittel und Farbstoffe stellen, gewinnt dieser natürliche Farbstoff heute wieder an Wert. Er wird für Süßigkeiten und Molkereiprodukte in der Lebensmittelindustrie sowie in der Textilindustrie verwendet.

Der Holunder wird seit prähistorischen Zeiten von Menschen genutzt. Damit einher gehen einige Mythen. Das Aushacken oder Verstümmeln eines Holunders brachte Unglück oder Tod, der Hollerstrauch im Hausgarten galt als Lebensbaum. Das Verdorren zeigte den Tod eines Familienmitglieds an. Er galt als Abwehrmittel gegen schwarze Magie und Hexen, schützte vor Feuer und Blitzeinschlag. Man sollte unter ihm vor Schlangenbissen und Mückenstichen sicher sein. Auch beherbergte er wohlgesinnte Hausgeister, was den Strauch in vielen Hausgärten heimisch werden ließ und zu dem Spruch führte, dass man vor einem Hollerbusch den Hut ziehen müsse. Der unangenehme Geruch des Laubes soll daher kommen, dass sich Judas einer Legende nach an einem Holunderbaum erhängt hat (siehe auch: Holunder in Religion, Mythos und Aberglauben bzw. Volksglauben). Im Phänologischen Kalender, der sich nach den Zeichen der Natur richtet, ist der Holunder eine Zeigerpflanze: Wenn die schwarzen Beeren reif werden, beginnt der Herbst. Im langjährigen Jahresmittel reift der Schwarze Holunder um den 1. September, dem Datum für den meteorologischen Herbstbeginn. In manchen Jahren waren die Holunderbeeren in vielen Gegenden Deutschlands bereits Mitte August schwarz gefärbt.

Informationen
Wikipedia - (Schwarzer Holunder) deutsch -  englisch (elderberry)
Wikipedia - Holunder - 
Gräfe&Unzer - Küchengötter-Warenkunde
Nabu - Holundergelee usw
Schrot&Korn - Holunder
Heilkräuter-Lexikon - Holunder
--- Diplomarbeit Zeitlhöfler
- http://www.familie-im-web.de/familie/rezepte/produktwissen/schwarzer_holunder.html  (ungültig)

Schwarzer Holunder ist Heilpflanze des Jahres 2024: Aromatische Beeren nicht roh essen. BZfE News 20.03.2023 + link bei www.nhv-theophrastus.de - 
 - Ernährungs-Umschau Jan 2024, S.M4

Holler, die Waldrandfee - So wird aus Holunderblüten erste Sahne. dpa/tmn-Pressemeldung am 02.06.2023 z.B. in Bürstädter Zeitung + Rhein-Zeitung

Wiener, S.: Holunderblüten. Die Zutat. Medizin kann auch schmecken.  TAZ 11.05.2019

Holunderbeeren: Gehaltvolle Wildfrucht zum Nulltarif. BZfE News 14.08.2019
- Der Schwarze Holunder : Vielseitig und gesund, aber nicht roh essen. BZfE News 25.07.2018 -
Holunderzeit: voller Kraft & voller Genuss. MLR_BW 2020
Holunderblüten genießen: Köstliche Ideen und Tipps zur Ernte. BZfE News 24.05.2023

Fünf interessante Fakten über Holunder. Gourmet-Report 03.06.2019 - www.hollerhoefe.de

Tourismus: Salzburger Land - Holleralmen; Hollerdirndl - www.holleralmen.at
(Der Allround-Strauch <Suse Weidenbach> Stuttg Ztg 15.9.12)
Hollunderblütenfest (im Juni) (30.6.2013)

Holundersirup - z.B. auch als Zusatz zu Sekt - Mode-Aperetif (2012) - der Hugo (z.B. Rezept) (mixology-link)
www.holla-sirup.de

Leckeres aus der Natur: Holunderblüten für Sirup und Gelee.BZfE News 08.05.2019  + Jungfräulicher Holundersirup (link, 24.05.2016) - Leckeres aus Holunderblüten - aid aktuell 21.05.2014

Brombach,C.: Superfoods des Winters. Ernährungs-Umschau 23.12.2015

Wildobst: Holunder (aid) - Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) ist seit Jahrhunderten ein beliebtes, anspruchsloses Gehölz für den Bauerngarten. Der Volksmund bezeichnet den Holler- oder Fliederbeerenstrauch als "Apotheke des Bauern". http://www.aid.de/presse/presseinfo.php?mode=beitrag&id=3971   /  und aid aktuell- 12.08.2015 -

Torabian, G. et al.: Anti-influenza activity of elderberry (Sambucus nigra). J Functional Food Vol.54, 353-360, doi.org/10.1016/j.jff.2019.01.031 (March 2019) ⇔ link bei www.eurekalert.org 23.04.2019

- Wunder Holunder – Superfood aus der Eifel.  SWR Fernsehen (RP) 05.11.2019 - Wiederholung 17.05.2020

(Informationssammlung OLT 21_11_08) (enhält auch nicht mehr zugängliche Dateien von HR; aid, u.a.) (im Archiv)
 Diplomarbeit Andreas Zeitlhöfer  (auch Datei im Archiv)

Stefan Bausch und Edith Beckmann, Holunder, Walter Hädecke Verlag, ISBN 978-3-7750-0496-1
Liebert,K.: Holunder, Mythos, Heilwirkungen und Rezepte. Demmler-Verlag, 2009

Holunderkönigin - www.gartenbauvereine-oberpfalz.org (link zu 2011)

Ira Schneider: Je holler, desto doller. Slow Food Magazin 05_2011; S.27-29
Vilgis,Th.: Holunderaroma in Sirup bewahren. Slow Food Magazin 03_2013, S.68 (scan im archiv)

- Fischer,M.: Holunder - mandelbaums kleines gourmandise.  Mandelbaum-Verlag 2016 -

Märchen "Mutter Hollunder" - Hans Christian Andersen / Hollunderbaum - Sitz der Todes- und Schutzgöttin Holla; weisse Blüten - die helle Seite der Gottheit; schwarze Beeren die dunklen - http://www.br-online.de/kinder/fragen-verstehen/wissen/2007/01846/ 

Bilder zu Holunder bei www.akg-images.de

Holunder auf Briefmarken

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