11/07/18

Schlehe - Schlehdorn - Prunus spinosa

Der Schlehdorn (Prunus spinosa) zählt bei uns zum Wildobst. Die Gattung Prunus gehört zu den Steinobstgewächsen (Amygdaleae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Andere Namen sind Schlehendorn, Schlehe, Heckendorn, Schwarzdorn, Deutsche Akazie.
Der Name der Schlehe ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem indogermanischen Wort (S)li ab, was „bläulich“ bedeutet. Man findet diese ursprüngliche Bedeutung auch als Silbe im Pflaumenschnaps Sliwowitz wieder. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als sleha, im Neuhochdeutschen als slehe bezeichnet.
Der Schlehdorn wurde 1753 von Carl von Linné unter der heute gültigen Bezeichnung Prunus spinosa L. beschrieben. Die Schlehe ist hinsichtlich ihrer Merkmalsausprägung eine äußerst variable Art, so dass eine systematische Gliederung auf Schwierigkeiten stößt.
Die Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und Nordafrika. In Nordamerika und Neuseeland gilt er als eingebürgert. Der Ursprung liegt im Eurasischen Raum, spätesten während der Jungsteinzeit ist er nach Mitteleuropa eingewandert. So wird z.B. Schmuck aus Schlehenkernen im Pfahldorf Sipplingen am Bodensee um 3300 v.Chr. datiert.
Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Der sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als Strauch oder als kleiner, oft mehrstämmiger Baum, der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von drei bis maximal sechs Metern. Die Schlehe hat ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde. Der Schlehdorn gehört zu den Wurzelkriechpionieren. Die weit streichenden Wurzeln treiben Schösslinge, so dass sich oftmals dichte undurchdringliche Schlehenhecken bilden. Wenn er einmal etabliert ist, können durch die Wurzelbrut undurchdringliche Gestrüppe entstehen. Sie verdrängen andere Vegetationen, das ein ökologisches Problem darstellt. Andererseits haben sie für andere Pflanzen und Tiere auch Schutzfunktionen. Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze. Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Für etwa 20 Wildbienenarten stellt der Schlehdorn im zeitigen Frühjahr einen wertvollen Pollen- und Nektarspender dar. Von den Früchten des Schlehdorns ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch Meisen und Grasmücken. Schlehenhecken bieten speziell Strauchbrütern einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der selten auftretende Neuntöter. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf. Schlehenhecken werden zum Windschutz eingesetzt. Als Heckenpflanze ist er weit verbreitet (z.B. bei Stuttgart gibt es das Hecken- und Schlehengäu). Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1600 m.
Im Frühjahr (bereits ab März) trägt die Schlehe weiße Blüten (bevor das Laub austreibt). Die Blüten riechen nach Bittermandel (Blausäure). Die gefurchte kugelige blauschwarze Steinfrucht hat einen Durchmesser von 6 bis 18 mm. Die Fruchtreife erfolgt ab Oktober bis November. Das grüne Fruchtfleisch löst sich nicht vom Steinkern und ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach Frosteinwirkung wird es schmackhafter, da ein Teil der bitter schmeckenden und adstringierend wirkenden Gerbstoffe in den Früchten enzymatisch abgebaut wird. Ein vollständiger Abbau der Gerbstoffe ist hingegen unerwünscht, da sie wesentlich zum Geschmack der Produkte beitragen.  Als Wintersteher bleiben die Früchte den Winter über am Strauch. Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung. Seine langen Sprossdorne schützen den Schlehdorn wirkungsvoll vor dem Fraß größerer Pflanzenfresser. 
In unreifem Zustand kann das Steinobst z. B. wie Oliven eingelegt werden, reif wird es beispielsweise zur Herstellung von Fruchtsaft und Obstwein sowie Marmelade und als Zusatz zu Likör (Schlehenlikör bzw. „Sloe Gin“, „Schlehenfeuer“), „Schlehenbrand“ oder „Schlehengeist“ verwendet. Schlehenwein ist ein Fruchtwein, der nur auf den Früchten des Schlehdorns basiert. In manchen Gegenden werden die Früchte auch in geringen Mengen dem Apfelwein zugesetzt, wodurch dieser aufgrund der Gerbstoffe in den Schlehenfrüchten einen etwas weinähnlicheren Charakter erhält.
Inhaltsstoffe der Schlehe sind unter anderem Flavonoide, Vitamin C und B1, Magnesium.  In der Heilkunde werden die Blüten, Rinde und Früchte als adstringierend (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend, fiebersenkend, magenstärkend und entzündungshemmend genutzt. Ein Blütenaufguss wird besonders bei Kindern bei Durchfallerkrankungen, bei Blasen- und Nierenproblemen und Magenbeschwerden eingesetzt. Schlehenelixier gilt als geeignetes Stärkungsmittel nach Infektionskrankheiten.

Schlehdorn eignet sich besonders zur Befestigung von Hängen und Böschungen. Auch als Schneeschutzgehölz und Verkehrsbegleitgrün kommt ihm einige Bedeutung zu. Die sparrigen Äste des Schlehdorns werden zur Konzentrierung der Salzsole in Gradierwerken, verbaut.

Die Schlehe zählte früher zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 23. April – dem Georgi-Tag – lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin der Getreideernte um den Jakobi-Tag (25. Juli) zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube. Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen Hexen zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt.

Auf Briefmarken sind sie einige Male zu finden.

Informationen

- wikipedia - engl. Prunus spinosa

Stindt, A.: Schlehe kann Diabetes vorbeugen und den Blutdruck senken. link bei www.heilpraxisnet.de 12.10.2023 ⇒  Oana-Raluca Negrean et al.: Blackthorn—A Valuable Source of Phenolic Antioxidants with Potential Health Benefits. Molecules 28(8), 3456; doi.org/10.3390/molecules28083456 (14.04.2023) - Kotsou, K. et al.: Enhancing Antioxidant Properties of Prunus spinosa Fruit Extracts via Extraction Optimization. Horticulturae 9(8), 942; doi.org/10.3390/horticulturae9080942 (18.08.2023)
Brombach, C.: Superfoods des Winters. Ernährungs-Umschau 23.12.2015

Löser, E.+F.: Schlehen&Hagebutten. Demmler-Verlag 2013

Die Schlehe ist reif. aid aktuell 26.10.2016
- Schlehe: Herbes Wildobst für Konfitüre und Gelee. BZfE News 28.11.2018
- Schlehen: Winterfrüchte warten auf den Frost. BZfE News 15.12.2021 

Lübke, L.: Ein fast vergessener Klassiker - Schlehen. Slow Food Magazin 06/2023, S.54-55 (scan im Archiv)

Die Schlehe - unterschätzte Schönheit. link bei www.bund-stuttgart.de 13.04.2021

Gedicht zu Schlehen (im Frost) von Jan Wagner  - Hanser-Verlag

Informationen zu Schlehen

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