Von Anfang an stehen die kulturellen Leistungen der Menschen mit der Nahrung bzw. den Lebensmitteln in Verbindung (Ernährung als Totalphänomen).
„Die Kultur hängt von der Kochkunst ab!“ (Oscar Wilde) - http://de.wikiquote.org/wiki/Kochkunst
Menschen versuchen die Entwicklungen (Evolution) und Strukturen der Natur - der Biologie (Ökologie) - (nach eigenen Interessen - anthropozentrischen Belangen) zu gestalten (Kulturgeschichte der Menschheit - Zivilisation). Jedes Lebensmittel, das von Menschen genutzt wird (Entwicklung des Ackerbaus, Viehzucht; Fischfangs, Jagd), ist mit kulturellen Leistungen , sowie mit Regeln und Strukturen der menschlichen Gesellschaften verbunden. Jedes Lebensmittel trägt symbolhafte Bedeutungen für Menschen; kulinarische Codes. Lebensmittel haben kulturelle Werte; dies sind nicht festgelegt, sondern unterliegen einem Wandel, in dem Maße, wie sich die Gesellschaft wandelt. In der Phase der Sozialisation (vom Kind zum Erwachsenen), der Anpassung des Einwanderers in der Fremde, werden diese Codes erlernt (Assimilation).
Mit der Nutzung der Lebensmittel entwickelt sich die Sprache (die Benennung, die Beschreibung, wie man mit dem Lebensmittel umgeht; oral history; Übertragung der Erfahrung von einer Generation auf die andere). Der Mund hat für die Lebensbereiche - Ernährung und Kommunikation - eine hervoragende Position; er ist ein "Zentral-Organ". Je intensiver wir uns mit einem Lebensmittel befassen, desto mehr Worte haben wir in diesem Bereich.(Kommunikation - Sprache - Gourmet-Sprache)
Lebensmittel (und der Umgang mit ihnen) dienen als Sprachbilder (Metaphern) (s. Sprichwörter zur Ernährung). (In den Sprache gibt es positive Lebensmittel - wie Kirsche, und negative - Pflaume).
In jeder Gesellschaft gibt es Regeln zum Umgang mit Nahrung. Was darf gegessen werden (von allen, von ausgewählten Gruppen; Kinder, Schwangere), was ist unbeliebt, was unerwünscht (Abneigungen-Aversionen), was verboten (Nahrungstabus, bei uns z.B. Katzen <Infos zu Italien-TV-Skandal>, Hunde). Weltweit gesehen, werden alle Pflanzen und Tiere von Menschen verzehrt (Ominivore). (Interessant ist zu bebachten, was wird in der Not gegessen - Notnahrungsmittel - "In der Not frisst der Teufel Fliegen").
Zu den kulturellen Werten zählen auch die Esskulturen; dh. die Tischmanieren, Anordnungen auf dem Teller, Sitzordnungen, Esszeiten, usw.; die Kultur des Haushaltes (des Hauses, der Küche, usw, die Aufgabenverteilungen, deren Wertschätzungen, usw. ).
Die Festlegung des kulturellen Werte ist an Strukturen der Gesellschat gebunden. Die oberen Schichten bestimmen diese maßgebend. Sie sind verbunden mit der gesellschaftlichen Entwicklung (Zivilisation der Menscheit) (Wandel) . So ist Ernährung verbunden mit Religion und Philosophie (Ethik). Moderne Entwicklungen führen zur Minderung der Bedeutung des Anthropzentrismus; (gewünschte) Hinwendung zur Ethik der gemeinsamen Welt aller Pflanzen und Tiere; Natur-, Umweltschutz; Tierschutz - Vegetarismus. Schonender Umgang mit Lebensmitteln ("Mit Essen spiel man nicht") wird allerdings durch das moderne Marketing behindert; Wirkung von Kaufanreizen (reflexhaft Appetit zu befriedigen), das Aufbrechen der Kontrollen und Regeln mit angestrebt, um den Konsum zu mehren. (politisches Hauptziel ist Wachstum, dann erst wären alle weiteren Zukunftsprobleme zu lösen).
Die Förderung der kulturellen Werte der Ernährung haben politische Dimensionen ganz unterschiedlicher Art. Es dient der Förderung der Region (Heimat); regionale Ernährungstraditionen; "geschütztes Ernährungskulturgut" (EU-Marken-Zeichen); dient der Tourismus-Förderung; Speise- und Trank-Volksfeste sind beliebt, und eine gute Plattform für Politiker zu zeigen, wie volksnah sie sind. Die Esskultur ist auch ein Beleg für das (Macht)Potential; die Gruppe, die Region, das Land kann zeigen, was sie hat, was sie kann; früher gab es "Prunkessen" (am Hof), heute Staatsempfänge, wenn die staatlichen Entscheidungsträger sich auf dem "Gipfel" treffen (Ausstellung in Paris).
Die kulturelle Werte der Lebensmittel haben unterschiedliche Gewichtungen. Es gibt "cultural superfoods" (Pflanze - die das gesamte Leben - bestimmt - z.B. Kokos - Tree of Life (Briefmarke), bei Südseevölkern), die Grundnahrungsmittel: Es gibt solcher mit niedrigem kulturellen Wert (z.B. Reserve- und Notnahrung) bis hin zu kulturell gemiedenen (verachteten) Lebensmitten. (Arme Leute-Lebensmittel) (Nahrung der Fremden, der Feinde)
Bei uns ist das Brot ein "hoch-kulturelles" Lebensmitel; so gibt es z.B. ein Museum für Brotkultur in Ulm (www.museum-brotkultur.de ) Symbol Brot beim Abendmahl; Brot+Salz - bei Hausgründungen; (Hinweis - Atlas der Deutschen Volkskunde; Brauchtum) (Ernährung+Religion)
Vermeidung von diskriminierenden Bezeichnungen (politisch korrekte) - z.B. Negerkuss oder Zigeuner-Schnitzel
Heiß-Kalt bzw Yin-Yang Klassifikationen (z.B. in der Traditonelle Chinesischen Medizin)
Jelliffe,D.B.: Parallel Food Classifications in developing and industrial countries. Amer.J.clin.Nutr. 20(3) 279-281 (1967) (im Archiv)
(cultural superfoods; prestige foods; body image foods; sympathetic magic foods; physiologic group foods)
Weitere kulturellen Wertebereiche:
Welche Lebensmittel dienen als Gastgeschenk (Opfergaben für Götter). (hin zu Funktionen - Mythen - Männer brauchen Fleisch, ua.a) („Fettnäppchen“ in der Fremde /diese Regeln nicht beachten) / bestimmte Lebensstil – bestimmte Nahrungsmittel (Vegetarismus) / Öko-Bio-Lebensmittel / Industrie-Nahrung
Bratenstein, P.: Staatsbankett und Streetfood – Wie mit Essen Politik gemacht wird. SWR Kultur Wissen 14.11.2024
Lebensmittel, die Menschen konsumieren können Verbindungen schaffen, aber auch trennen. Beispiel: Politiker,die ihre Nähe zum Volk zeigen (wollen), essen volkskümlich; z.B. Bratwurst essen (aus der Hand) (nicht mit Messer und Gabel); Döner essen; Bier aus Flasche trinken - „Kunst des Bratwurst essens“ Constantin Alexander (Hannover): Anwendungsorientierte Analyse volkstümlicher Lebensmittel in der politischen Berichterstattung, oder: Politiker, die in Bratwürste beißen. Science-Slam Beitrag im Wissenschaftsjahr 2014 - (YouTube); Politologe über Bratwürste - TAZ 20.06.2013
Brotzeit-Politik:
Landberg, A.: Markus Söder auf Social Media - »Die Quatschauftritte nehmen exponentiell zu« Essen, Folklore, Selbstinszenierung – und immer weniger politische Inhalte. Spiegel 30.07.2024 /
Drosdowski, J.: Politiker:innen die Nähe vorspielen: Bayrische Brotzeit-Politik. Politiker*innen schunkeln bei Konzerten und springen Trampolin, um sich zu inszenieren. Einer übertreibt besonders: Markus Söder. TAZ 01.08.2024
Muehleib, F.: US-Wahlkampf: Nutriscore “E -wie Eklig”. Tellerrand-Blog 2024 (Trump bei McDonalds)
Ernährung – wovon wir leben und wie Ökologie neu gedacht werden kann (C Pelluchon) Zeit Nr.38/10.09.2020 - S.47 -
C Pelluchon: Ethik der Wertschätzung. Wissenschaftl. Verlagsges Darmstadt 2019 (ref. Perlentaucher Juli 2019)
Hüttl, T.: Ernährung als Statussymbol: Du bist, was du isst. Wenn Essen zur Botschaft wird. Deutschlandfunk Kultur 05.03.2020, 19,30 -
Anbau - Pflege - Gestaltung - Agrarkultur - Kulturlandschaften - Weinberge; Steeuobstwiesen; Almweide; Getreidefelder; Rapsfelder /
Bauernhäuser, Windmühlen; Gutshöfe
Kulturgesschichte der Ernährungsberufe; Ernährungshandwerk;
Architektur der Küche, Esszimmer
Esskultur regional;landmannschaftlich geprägt / Brauchtum (Volkskunde) - Kochkunst - von einer Land-Küche bis "himmlische" Sternen-Küche
Tischkultur - der gedeckte Tisch (die passende Bestecke, Geschirr, Teller, Gläser; usw. / Veränderung - Auflösung der Mahlzeiten (Marketing-Wunsch) / Snacks; "grazing"; pickings; Finger-food ; Fast-Foods / Essen im Gehen / Einhand-Esser (Begriff durch die ehemaltige BMELV-Ministerin Renate Künast bekannt geworden) (Initiativen gegen diesen Trend - Esskultur - Slow Food Bewegung)
Kunsthandwerk - Konditoreien
Produktdesignerin Johanna Kleinert über Obst und Gemüse: „Geschmack spielt kaum eine Rolle“. Äpfel für den Handel müssen gut aussehen, transportfähig und nicht zu klein sein. Sie sind gestaltet wie Produkte, sagt Designerwissenschaftlerin Johanna Kleinert. TAZ 28.02.2021 - Biofakt ist ein Begriff aus der Technikphilosophie, er stammt von Nicole Karafyllis.
J Kleinert: Lebendige Produkte - Obst und Gemüse als gestaltete Dinge. transcript-Verlag, Bielefeld 2020
Unperfekte Früchte schmecken auch: Lebensmittelverschwendung vermeiden. BZfE News 03.03.2021 ⇔ Bolos, L.A. et al.: In the eye of the beholder: Expected and actual liking for apples with visual imperfections. Food Quality and Preference 87: https://doi.org/10.1016/j.foodqual.2020.104065. (Jan 2021)
Aussehen wichtiger als Umwelt. Hauptsache makellos: Kritik an Vorgaben für Obst und Gemüse- dpa-Pressemeldung am 24.01.2022 z.B. bei Augsburger Allg + Rhein-Zeitung + Schönheitsnormen für Obst und Gemüse: Gut fürs Auge, mies für die Umwelt- TAZ 25.01.2022 ⇔ Gemeinsame Pressemitteilung von Umweltbundesamt und Verbraucherzentralen
Optisch perfektes Obst und Gemüse belastet Umwelt und Klima. Pressemitteilung vom www.umweltbundesamt.de 24.01.2022 - Mehr Natürlichkeit im Obst- und Gemüseregal –
gut für Umwelt und Klima. Empfehlungen des Umweltbundesamtes zur Senkung handelsspezifischer Vorgaben (download) + Obst und Gemüse im
Einzelhandel. Qualitätsanforderungen und Lebensmittelverschwendung. Marktcheck der Verbraucherzentrale link bei www.verbraucherzentrale.de Jan 2022
Geschmackskultur - Genuß-Kultur - Sinne - Geschmack, Geruch - (nach Jahreszeit) / nach Region/ (Regeln - Gastrokritiker / Genuß-Profis)
Die Lebensqualität (Lebenskultur) hängt mit der Ernährung eng zusammen; das Wohlbefinden (Wellness) stimuliert - ist Gesunderhaltend und -fördernd; aber auch hier Optimum; zu viel Gutes - das ist des Guten zu viel. (Zur Messung der Lebensqualität gehört Eßkultur). (WHO - Gesundheitsbegriff)
Literatur (weitere Informationen in anderen "Ordnern")
Vorlesung Wien - 24.Stunde - 25.Stunde -
(Umwelt - GesellschaftsEthik - Kultur
Esskultur - die Küchen einzelner Regionen
Zitate zur Eßkultur und Lebenswelt - J-A. Brillat -Savarin - "La Physiologie du Goût" (Die Physiologie des Geschmacks, 1826
http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Anthelme_Brillat-Savarin
Ratgeber „Stil&Etikette“ Umfrage – 35% der 14-29 järhigen können schlechtes Benehmen am Tisch nicht leiden - Bei 40-jährigen sind es 50%; über 50jäjrige >75% http://www.stil-und-etikette.de/
VDOE Tagung 2003 (Infos) - Esskulturen im Wandel - Gert v Paczensky; Hirschfelder; Ines Heindl / Karlv Koerber, Pirjo Schack / Dannenberg - TV - Lebensmittelskandale
OSSENA-Projekt zur Ernährungskultur (Infos) (+Nachhaltigkeit; Soziale Gerechtigkeit)
JT Barr, GE Schumacher: The need for a nutrition-related quality-of-life measure. J Amer Diet Ass. 103(2) 177-180 (2003) (Bezug - Ernährung von Kranken)
Evelyn Trobole: Eating on the Run. Verlag: Human Kinetics; Champaign, IL, 2003 Ref - J Nutr Educ Behavior. 36(5) 278 (2004) – nicht gut besprochen - als Google Buch http://books.google.de/books?id=WncqaytWrrUC&dq=%22Eating+on+the+Run%22&source=gbs_navlinks_s
Balculescu, V – Alexandre Dumas – Das große Wörterbuch der Kochkunst. Mandelbaum Verlag, Wien, 2002; 850S., 1300 Rezpte; ca 60
http://www.perlentaucher.de/buch/11676.html
1868, zog sich Alexandre Dumas auf ein Landgut zurück, um ein Werk zu beginnen, das ein kulinarisches Jahrhundertwerk werden sollte, eine Enzyklopädie der Kochkunst, des Genusses und der Bekömmlichkeit
ITAS-KTI-Reihe Kultur+Technik (2010) - Band 1 - Verständnis für Technik; Technik Begriffe; Kulturverständnis; Kultur-Begriffe; Mensch-Maschinen-Interphasen; Philosophie
Häußler, A.: Dimension Gesellschaft: Fleisch essen aus sozialer und kultureller Perspektive, S.63-67 in Hoffmann, I., Schneider, K., Leitzmann, C (Hrsg). Ernährungsökologie -komplexen Herausforderungen integrativ begegnen. oekom-verlag, München
(Auswahl der Lebensmittel+Speisen; Ernährungspräferenzen; ist gebunden an sozio-kulturelle Strukturen und Regeln; Beispiele für Fleisch -allg.Präferenz bei Deutschen eher zu Fleisch; besonders bei Männern (gender); (NVS-Daten); Schlachten - Töten - Beherrschung der Natur (aber auch um Fleisch - viele Tabus; Regeln; Opfergaben u.a.); historisch - Fleischkonsum mit Herrschaft, Macht und Reichtum verknüpft; (siehe auch Fleisch)
Dummy-Magazin Nr.37 (2013) - S.26-27 - Menschen essen / In den 50er-Jahren war Kannibalismus ganz normal - ein Fundstück im Kochbuch „Gastronomie International“ – Dore Ogrizek; S. 316-317 – Die Kannibalen (scan im Archiv)