Einleitung – Veranschaulichung der Zusammenhänge - Zielstellung

Nach dem ersten Kennenlernen und Information zum Vorlesungsablauf werden in der „Einleitung und Grundlagen“ (#01)-Stunde (45 Minuten) die Zusammenhänge zwischen Mensch – Umwelt – Gesellschaft aus der Sicht der Ernährungswissenschaft veranschaulicht.

Es gibt viele Teilgebiete der Ernährungswissenschaft, und das Ziel dieser Vorlesung ist es den gesellschaftlichem Aspekt der Ernährung zu betrachten und zu gliedern (Ernährungssoziologie)

Die Ernährungswissenschaften betrachten kontinuierliche (alltägliche) und dem Leben zugeordnete Vorgänge. Es werden fremde Stoffe und Informationen von aussen aufgenommen und im individuellen Organismus (Körper und Geist) benutzt und angeeignet. Im wahrsten Sinne der Wörter findet Stoff- und Informationswechsel statt (Ernährungsphysiologie; Ernährungskommunikation)

Essen ist ein „zentrales“ Grundbedürfnis. Seine Sicherstellung geschieht auf vielen Ebenen  und es betrifft alle Lebensbereiche. Es ist ein Totalphänomen.

Ernährung erfolgt immerwährend bzw. lebenslang, d.h. sie ist mit dem Leben verknüpft. Menschen sind soziale Lebewesen, keiner kann alleine leben, für seine Ernährung sorgen. Die Gewährleistung von ausreichender Ernährung stellt eine immense individuelle und gesellschaftliche Lebensleistung dar. Bei unangepasster Ernährung (zu wenig, aber auch zu viel) wird das Lebenspotential nicht ausgeschöpft.

Der Umfang dieser Leistungen zur Ernährungssicherheit wird anhand einiger Beispiele veranschaulicht, vor allem durch die Karlsruher Ernährungspyramide.

(⇒ Ernährungspyramiden)

Die Beschaffung und Sicherung der Ernährung  erfolgt durch gesellschaftliches Handeln, dabei sind verschiedene gesellschaftliche Ebenen miteinander verzahnt (Mikroebene - Haushalt / Makroebene - der "Vater" Staat) (Input-Faktoren).

Die Aufnahme der Lebensmittel , der Nahrung, das Essen wirkt auf den Organismus (Output-Faktoren). Die biopsychologischen Signale (Sättigung, Hunger, Appetit, usw) bilden die Grundregelungssysteme im biologischen Verhalten (Stimulus - Organismus - Reaktion/Response - S-O-R-Modelle). Doch Menschen handeln nicht nur nach diesen Mechanismen, sondern werden auch durch gesellschaftliche Regeln kontrolliert. Der in der Vorlesung immer wiederkehrende Begriff von den biopsycho-soziokulturellen Ernährungsverhaltens-Modellen (Modelle - Modell-Sammlung) wird eingeführt.

So wird gezeigt, dass Ernährungswissenschaft  Natur- und Sozialwisenschaft ist. Das Schichtenmodell von Rupert Riedl wird dazu ebenso benutzt, wie die Hinweise auf die Publikationen von "Zehn Hoch" ( wikipedia http://microcosm.web.cern.ch/microcosm/P10/german/welcome.html).
(Morrison, P.+P.: ZehnHOCH (Dimensionen zwischen Quarks und Galaxien. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg, 1985 (im Archiv) original "Powers of Ten", Scientific American Books, 1982) (You Tube - Ray Eames) (www.powersof10.com )

Es gibt viele Schichten der Betrachtung der Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesellschaft: Essen ist das Handeln eines Einzelnen. Die Psychologie versucht das (Ernährungs)Verhalten zu erklären (Enährungsverhalten).
Die Ernährung ist eingebunden in das Zusammenleben der Menschen (Umwelt); in Familien-Haushalten. Soziale "Netze" dienen der Versorgung (Soziologie). Ernährung kostet Arbeit (Geld) (Ökonomie). Das Essen steht mit der Kultur (Manieren) der Einzelnen und der Gesellschaft (Kulturwissenschaften) in Zusammenhang.
"Sage mir was Du isst, und ich sage Dir was Du bist". (Brillat-Savarin)
Die Ernährung des Menschen wird gestaltet (Ernährungspolitik); dazu gehören - „Umsetzungsforschung“ (social engineering) Community Nutrition; ; public health nutrition.

Es erscheint notwendig, das gesamte Ernährungssystem immer wieder unter verschiedenen Blickrichtungen (Perspektiven) (Objektivität) anzusehen; verschiedene Wissenschaftstheorien einzusetzen (wie z.B. Konstruktivismus - Hinweise auf triviale Maschinen – Heinz von Foerster). Details zu betrachten  und Zusammenhänge zu beachten (Makroskop).  (VL 4 Modelle)
Ernährung als Lebenswissenschaft (Biologie; Soziologie usw) ist nicht starr, sondern höchstens in einem zeitweise stabilen Gleichgewicht (Homeostase); doch es ist fließend ("Lebensfluß"; Strom des Lebens), es ist Zeit- und Situations- (Umwelt-) -abhängig). Es gibt Wegweiser (Regeln) an  „Entscheidungszweigen“ (Handlungsräume - settings); danach gibt es zurück mehr.
"Der Mensch hat nicht Natur, sondern er hat Geschichtre; der Mensch ist kein Ding, sondern ein Drama" (Ortega y Gasset)
Die Vorlesung der "Soziologie der Ernährung" beschreibt verschiedenen Rollen und "Akte" des "Schauspiels" über die "Ernährung des Menschen" auf der  „Bühne des Lebens“ unter der Anleitung (Betrachtung) von verschiedenen "Spielleitern"
(Hinweis auf Theaterstück von Yasmina Reza. Drei Mal Leben , am Burgtheater Wien - 29.3.2005)

Hinweis auf zeitgemäße Art des Wissensmanagement; nicht mehr immer weitere Verästelung des Erkenntnisbaumes (Chart), sondern Modus II mit der Metapher des Rhizoms (der Pilzwurzel) (z.B. Helga Novotny - www.helga-novotny.eu - Transdisziplinäre Wissensproduktion - Eine Antwort auf die Wissensexplosion? (1997) In: Friedrich Stadler (Hg.): Wissenschaft als Kultur. Oesterreichs Beitrag zur Moderne. Wien/New York: Springer, 177-19) 

Die Aufgabe der Oekotrophologie (der ganzheitlichen Ernährungswissenschaft <Ernährungsökologie>; new nutrition science) ist die Zusammenhänge zu sehen und zu beachten.

Die Vorlesung hat 30 Einheiten; sie bietet also 30mal Anregungen verschiedene Aussschnitte der Ernährungssoziologie kennenzulernen.