Ernährungssoziologische Betrachtungen der Gruppe der Jugendlichen (Pubertät)

Als Jugendliche werden hier die  Gruppe der 12-18jährigen bezeichnet, einerseits geht die Jahrgangsstärke zurück, doch franst die Jugend nach unten (frühere Pubertät) und nach oben (längere Ausbildung) aus.

Dieser Lebensabschnitt ist biologisch (Pubertät) und gesellschafltlich eine wichtige Umstellungszeit.  Noch vor einigen Jahrzehnten waren Kinder und Erwachsene in ihren Rollen komplett verschieden (Hinweis auf Geschichte der Kinderarbeit (Bild); Thema "Lebensalter und Recht" historisch betrachtet - Infos im Archiv).
Nach dem Gesetz werden heute Jugendlich ab dem 18.Lebensjahr "volljährig" und damit voll geschäftsfähig; die Bildungsreife (matura) kommt meist danach. Biologisch ist es die Zeit des höchsten Nahrungsbedarfs, und die Gesellschaft stellt sie vor die Berufs- und Bildungswahl.

Im (Lebensmittel)Marktgeschehen spielen Jugendliche eine bedeutende Rolle. Sie sind wichtige Nachfrager, und auch in gewissem Sinn Trendsetter. Die Teens und Kids haben ein ausgeprägtes Markenbewusstsein, das in Verbindung mit den Bezugsgruppen (Peer Groups) steht (KIDS-VA). Die Gruppe ist in viele weitere Untergruppen (Typen) zu differenzieren, wobei auch besondere Problemgruppen auftauchen, z. B. Jugendliche in psychischen Problemlagen (Essstörungen, Suchtprobleme), in ökonomischen Problemlagen (beginnende Verschuldung), „Vernachlässigte“und solche mit transkulturellen Problemen (Ausländer, Migranten, u. a.).

Bei den Jugendlichen wird die Lebensgestaltung durch viele Faktoren geprägt. Dabei wird aktuell besonders die Mediennutzung (Medien) und die Zeitverwendung  hervorgehoben.  Zu viele Jugendliche haben zu lange passive Tätigkeiten, sind zu hohem Werbedruck ausgesetzt und widmen zu wenig Zeit für die Ernährung (OLT 2004). Das Leitbild des „souveränen Verbrauchers“, der sich nicht „verführen“ lässt, und rational richtig für sich und die Gesellschaft entscheidet, setzt voraus, dass in der Allgemein- bzw. Alltagsbildung die Konsum- und Medienkompetenz einen entsprechenden Niederschlag findet, und dabei zeigen sich deutliche Mängel .

Die Ergebnisse der ESKIMO-Studie (2007) erlauben aktuelle Aussagen zum Ernährungsverhalten der Jugendliche; vorher konnte dies nur ungenügend beschrieben werden (OLT 218).  Das Interesse an Ernährungsfragen ist bei Jugendlichen nicht sehr ausgeprägt, dies gilt besonders für Jungen. Das trifft für Deutschland und Österreich in sehr ähnlichen Maße zu. So wird im Österreichischen Ernährungsbericht 2003 (S.43) den männlichen Lehrlingen ein mangelhaftes Ernährungswissen attestiert (weiblich  21% ) und keiner hat sehr gutes Wissen (weiblich 4%). Die Regeln sind bekannt, doch das Verhalten weicht ab, Fast food wird als ungesund benannt und ist beliebt, Milch gilt als gesund und wird nicht gern getrunken. Es gibt nicht viele doch deutliche Hinweise, dass die Ernährungskompetenz der jugendlichen Verbraucher deutlich nachlässt. (Österreichischer Ernährungsbericht 2008 - Kap/S. 1.3)

Die Jugendlichen reagieren deutlich auf allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen (Wandel). Die Ernährung ist heute keine Frage der Erfüllung eines Primärbedürfnisses. Essen hat keinen besonderen Stellenwert, die Lebensmittel sind "Massenwaren" im Supermarkt. Die Beziehung zum Lebensmittel ist nicht mehr originär, sondern an einem eher virtuell erzeugten Bild („Marken-Image“) orientiert. Sie sind eins von vielen „Lifestyle-Produkten“. Die Ernährung der Jugendlichen wird nur noch in einem geringe Ausmass von den Eltern bestimmt.

Die Jugendlichen in Deutschland und Österreich zeigen ähnliches Ernährungsverhalten; sie essen zu viel Fleisch und Süsses, und zu wenig Gemüse, Brot-Getreide,  Fisch, Milch und Obst. Weibliche und männliche Jugendliche (Gender) unterscheiden sich, wie gewohnt, und was auch für die Erwachsenen gültig ist, z.B. Mann isst mehr Fleisch und Wurst als Frau. Ein besonderer Aspekt, ist der recht früh beginnende Alkoholkonsum bei manchen Jugendlichen, so gibt es Studien, die zeigen, dass bereits manche 10-12jährige Mädchen regelmäßig alkoholische Getränke konsumieren. Knaben fangen erst später an.

Das Mahlzeitenmuster der Jugendlichen ist noch relativ traditionell. Die Jugendlichen frühstücken zu 73 % zu hause, davon sind 58 % in Gesellschaft und 15 % frühstücken alleine. Am Wochenende gibt es praktisch überall ein gemeinsames Frühstück. Das Frühstück der Jugendlichen setzt sich zusammen aus Brötchen/Brot mit meist süßem Belag und Cerealien. Das Mittagessen ist für Jugendliche die wichtigste Tagesmahlzeit. In einer Liste der beliebtesten Speisen liegen Pizza, Nudel-/Teiggerichte (Spaghetti, Lasagne, Ravioli),  süße Speisen und Fast Food (Pommes frites, Hamburger) vorne (Diehl, 2000). Der Außer-Haus-Verzehr der Jugendlichen hat einen Anteil von 10-11 %, der sich steigern kann, wenn es mehr Ganztagsschulen geben wird.
Die Ernährungsempfehlungen für Jugendliche sind durch das Forschungsinstitut für Kinderernährung gut und praxisnah beschrieben.

Es wird deutlich, dass das Übergewicht bei Jugendlichen zunimmt, wie in ganz Europa (OLT 2005), so auch in Deutschland (KIGGS) und Österreich (Ernährungsbericht 2003, 2008).  Aber ebenso sind die Essstörungen (Anorexie) und das Untergewicht ein Problem. So weisen in Deutschland 3-8 % der Teenager (mehr bei weiblichen) verschiedene Grade von Untergewicht auf.
Bei Jugendlichen wird die körperliche Inaktivität zu einem  zunehmend größer werdenden Problembereich.  Gerade dieser Lebensabschnitt gilt von „Natur“ aus als einer mit hohen körperlichen Aktivitäten („Sturm und Drang-Phase") und dies ist die Zeit mit dem größten "Hunger" (Nahrungsaufnahme).  Der Trend, die Leistungen bei der Arbeit und in der Freizeit (Sport, Disko, Thrill usw.) zu stimulieren,  ist allgegenwärtig, so auch bei den, den richtigen Lebensweg suchenden Jugendlichen. Die Wirkung von Lebensmitteln wird erprobt durch solche „funktionelle“ Lebensmittel wie Wachmacher (Kaffee, Cola-Getränke) und damit auch Starkmachern („Red Bull“ bzw. Sportnahrung und –Drinks). Man nimmt öfters Vitamin- und Mineralstoffpräparate ein. Der Übergang von unterstützenden Supplementen (Nährwertergänzungspräparaten) zu „Doping“ und anderen Auswüchsen ist graduell. Zum Alkohol gesellt sich das Rauchen und erste Kontakte zu Drogen.
Die lebensmittelbedingten Allergien bei Jugendlichen liegen zwischen denen von Kindern und Erwachsen.

Die geschilderte Ernährungssituation bei Jugendlichen dürfte sich in Zukunft eher verschlechtern, wenn nicht entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Viele weitere Details sind in den Publikationen der  KIGGS (Studie des RKI - www.rki.de ) dokumentiert - www.kiggs.dehttp://www.kiggs.de/experten/erste_ergebnisse/index.html

Literaturliste (OLT)

Weitere Informationen in Datei Jugendliche (der Dimension Menschen)

Bis 2008 gab es das Österreichische Jugendinstitut - www.oeij.at - (ungültige URL; keine Infos beim "googeln" gefunden - 6.5.2012)