Ernährungssoziologische Betrachtungen der sozio-ökonomische Schichten (Arme - Reiche - Ungleichheit)

Der ökonomische Faktor - das Geld -  zählt in unserer Gesellschaft zu den wesentlichsten Faktoren für den Einzelnen (Ernährungsverhalten) und für die Gesellschaft. In Bezug zur Ernährung ist ein Zustand der Nahrungssicherheit  erreicht. Überspitzt formuliert, der Traum der hungernden Vorfahren - dargestellt im Schlaraffenland-Märchen - ist in Erfüllung gegangen.

Die Nachfrage nach Lebensmitteln (Ernährungsverhalten) ist  jedoch weiterhin vom Einkommen abhängig, doch in einer anderen differenzierteren Weise wie früher. Bis vor wenigen Jahrzehnten war der ökonomische Faktor einer der wichtigsten für die Erklärung der Nachfrage nach Lebensmitteln, es gab "klassische" ökonometrische Berechnungen zu Preis- und Einkommen-Elastizitäten. Prototypisch dafür ist das Engel´sche Gesetz (preussischer Statistiker Ernst Engel) (s.u.). Mit steigendem Einkommen wird zwar absolut mehr Geld  für Lebensmittel ausgegeben, doch relativ (am Gesamteinkommen) wird der Anteil geringer. Heute wird statistisch nur noch ein geringer Teil der Gesamtausgaben für Lebensmittel ausgegeben; je nach Haushaltstyp sind es zwischen 13-17% (EVS 2003). (2011 - 11% - s. Konsumausgaben - Beiheft Fachserie 18 - Download) (Private Haushalte - Konsumausgaben - 2009; 14%)

Die ökonomischen Dimensionen der Lebensmittelnachfrage, die durch folgende Indikatorenbereiche beschrieben werden:
- monetäres Einkommen (Einkommensgruppierungen),
- soziale Schichten: Grund-, Mittel-, Oberschicht-Haushalte;
- Lebensstandard (SES): z.B. Ausstattung und Besitz der Haushalte.
- Zahl der Personen mit Einkünften: Doppelverdiener;
werden in modernen ökonomischen Abschätzungen durch eine Reihe von psychosozialen Eigenschaften der Verbraucher optimiert, dazu zählen auch, dass die Verbraucher in verschiedene Konsumenten- bw. Lebensstil-Typen eingeteilt werden.

Bei der Betrachtung der Ausgaben für Lebensmittel sollte jedoch berücksichtigt werden, dass der Einsatz der Lebensmittelkosten, nur ein Teil der Gesamtkosten für Ernährung ist. Denn zur Beschaffung, Lagerung, Zubereitung und Nachbereitung (Beköstigung) des Essens, sowie dem Essen selbst benötigt man:
- Zeit ("Arbeitslohn")
- Räume (Vorratsraum, Keller; Küche, Essplatz)
- Einrichtungen (Küchenausstattung; Ess-Möbel)
- Gerätschaften (Geschirr, Besteck; Geräte)
- Informationsmaterial (Kochbücher, Zeitschriften)
- Dekorationsmaterialien (Tischschmuck) 

Gerade durch diese „Nebenkosten“ zeigen sich die „feinen“ Unterschiede der verschiedenen Verbraucher. Dabei wirken "Oberschichten"häufig als Trendsetter für neue Nachfragewellen. Zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50ziger Jahren waren die "Bosse" körperlich mächtige Gestalten, heute ist unser Führungspersonal eher körperlich schmächtig, jedoch fit. (Abb) Im Zeichen der allgemeinen Demokratisierung der Gesellschaft hat sich auch der Zugang zu Nahrung „demokratisiert“. Die Lebensmittelmengen und –preise sind so, dass die Mehrheit im Überfluss lebt. Die Zivlisationskrankheiten (Abb) sind Überfluss-Erscheinungen. Die oberen Schichten zeigen einen deutlichen Trend zu besseren Ernährungsverhalten, z.B. ein geringerer Anteil an Übergewichtigen (s NVSII) und erhöhten Verzehr an Obst (OLT).

Dieses positive Bild hat Flecken, z.B. nehmen bedingt durch den gefühlten Druck bestimmte Erfordernisse erfüllen zu müssen (schlank, jugendlich, fit) Verhaltensstörungen zu (Ess-Störungen wie Anorexia nervosa, Bulimia nervosa). Andererseits gibt es nicht nur Gewinner in der Gesellschaft. Der Trend zum Ausgleich zwischen den gesellschaftlichen Schichten hat sich seit einigen Jahren umgekehrt und die Schere zwischen reich und arm nimmt wieder zu.  Arm in Deutschland sind viele Arbeitslose und Sozialhilfempfänger; alleinstehende ältere Frauen und Familien mit mehreren Kindern. Es gibt keine einheitlichen Klassifizierung dafür, wer zu den Armen zählt. Es gibt über 3  Millionen Arbeitslose, 2,6 Millionen Sozialhilfeempfänger und 900.000 Obdachlose (Armenbericht).(siehe Ordner)
Auf diese Entwicklung reagiert der Markt. Sowohl die Premium- und Luxusprodukte gewinnen Marktanteile, als auch die Basisprodukte (GfK).

Betrachtet man die „Ränder“ der ökonomischen Schichten der Gesellschaft so sind diese in üblichen Ernährungserhebungen nicht gut repräsentiert. Während die Nachfrage nach Lebensmitteln im Luxus-Bereich für manche Anbieter (oder auch aus Neugier) recht interessant sein mag, so sind die Armen (sie zeigen mangels Geld keine Nachfrage) weniger von Studien-Interessen. Ausserdem können und wollen sie nicht so einfach über die Situation berichten (Enzensberger-Zitat).

Es können nur wenige Studien zum Thema "Ernährung und Armut" benannt werden.  Die AGEV (www.AGEV.net) hat auf einer internationalen Tagung 1995 dies in den Mittelpunkt gestellt, und die damalige Situation zusammengefasst. (B.M. Köhler, E. Feichtinger, E. Dowler, E. Barlösius (Hg.),Poverty and Food in Welfare Societies. 1996 Publikationen in der Schriftenreihe des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, edition sigma, Reiner Bohn Verlag, Berlin (Dokumentation zur 18. AGEV-Jahrestagung, Freising, 1995) . Nennenswert sind auch Studien an der Universität Giessen zu dieser Thematik (Leonhäuser / Mayer). (Promotion Lehmkühler)

Die freiwilligen "Tafel"-Helfer sammeln täglich etwa 300 Tonnen "Überschuß"-Lebensmittel, die bei Produzenten, Händlern und Großküchen ein. Die Aktivitäten der  bisher 300 „Tafel“-Initiativen versorgen mehr als 150.000 Bedürftige (Promotion von Normann).

Nach den Information der Armutskonferenz 2004 ( http://www.armutskonferenz.at) zählen eine halbe Million Österreicher als arm; Frauen sind stärker betroffen als Männer. Ein Viertel sind Kinder

Weitere Informationen zur Armut:

Dimension Menschen  - Sozio-ökomische Schichten

(Lit Liste OLT)

Niedrigeinkommenspanel (NIEP) und das  Sozio-oekonomische Panel (SOEP), . (link: http://www.diw-berlin.de/soep/).

Armutsprävention durch Stärkung der Haushaltsführungskompetenzen.Projektleistung  Prof.Dr. Piorkowsky, Universität Bonn - - http://www.dghev.de/files/dgh_Memorandum_Armutspraevention_2007.pdf

Wichtige Aufgabe: Neue Berechnung des Warenkorbes für "Arme" (Sozialhilfeempfäger). Wie viel braucht ein Mensch um (gut ernährt) zu leben (Existenzminimumsbericht.

Anm.: die Publikation von Ernst Engel: Das Rechnungsbuch der Hausfrau und seine Bedeutung im Wirthschaftsleben der Nation, aus dem Jahr 1881, wurde in der Zeitschrift „Wirtschaft und Statistik“ Nr.8/2000).

http://de.wikipedia.org/wiki/Engelsches_Gesetz

Engel stellte fest, daß bei steigendem Einkommen die Ausgaben für Nahrungsmittel zwar absolut zunehmen, ihr Anteil vom Einkommen aber sinkt: die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Nahrungsmitteln ist kleiner als 1. Schwabe stellte analog zu Engel bei steigendem Einkommen absolut steigende Ausgaben für Wohnen fest, deren Anteil vom Einkommen sinkt aber ebenfalls: Die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Wohnungsnutzung ist kleiner als 1. Das Engel’sche Gesetz zählt zu den durch empirische Forschung am besten gesicherten wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten.

http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/engel-schwabe-sches-gesetz/engel-schwabe-sches-gesetz.htm