Jede Aufgabe, und so auch das Wissen schaffen, ist ein zirkulärer Entscheidungspozess. Die ersten Antworten zu der ernährungssoziologischen Fragestellung ergeben sich aus dem Literaturstudium (sammeln und ordnen von bisherigen Erkenntnissen) (Quellen und Literaturliste) (Informationquellen - Archive - Bibliotheken - Fachzeitschriften) (soziol. Fachzeitschriften). Dabei steht im Hintergrund das ernährungssoziologische Theoriegebäude, das jedoch noch immer eine "Baustelle" ist. Es ist eine Aufgabe, daran zu arbeiten. So ist ein Methodenbereich das theoretische Aufarbeiten durch Denken (Schnittstellen zur Soziologie und Philosophie) und durch Literatur- bzw. Sekundär-Daten-Analysen.
Der angewandte empirische Teil der (Ernährungs)Soziologie baut auf dem Theoriegebäude auf, um damit gerüstet, die Information zum (Ernährungs)Verhalten einzelner Menschen zu erfassen und zu interpretieren. Diese Methoden werden im folgenden aufgeführt.
Ausgehend vom Kenntnisstand werden Fragestellungen bzw. Forschungsziele unter Kenntnis des Forschungsrahmens abgeleitet. Dabei wird das Untersuchungsmodell (Kerntheorie) vereinbart und es folgen die Überlegungen, wie die Konstrukte des Modells empirisch erfasst werden können (Mess-Theorie). Aus der „Realität“ werden Ausschnitte (Konstrukte) definiert, und diese mit den Möglichkeiten ihrer Meßbarkeit (Indikatoren) (einschließlich deren Bewertung) in Zusammenhang gestellt (Beispiel).
Es ist zu entscheiden, welche Stichprobe (Untersuchungs-Gut) die Grundlage der Untersuchung sein wird. Das ist z.B. die Auswahl der Personen, deren Ernährungsverhalten ermittelt werden soll. Notwendig dafür ist der Überblick über die Bevölkerung (Grundgesamtheit der Menschen im Untersuchungsraum) zu haben (Volkszählung – Census – Statistisches Amt). Die Stichprobenziehung ist die Methode diese Auswahl zu treffen, und ist eine eigene "Wissenschaft" für sich (s. ZUMA-GESIS)
Der Kanon der Erhebungsmethoden der empirischen Ernährungssoziologie reicht von Beobachtungen und offenen Gesprächen über standadisierte Interviews bis hin zum Messen (quantitative Methoden) (Übersicht). Beobachtung (z.B. am POS) kann verdeckt oder offen sein; durch Personen oder durch technische Apparaturen (z.B. Video-Aufzeichnungen) erfolgen. Durch offene, teilnehmende Befragungsmethoden (qualitative Methoden) lernt der Forscher die Handlungen der Menschen verstehen und erkennt (neue) Zusammenhänge (hypothesen-generierend). Durch die quantitativen Befragungen (standardisierter Fragebogen) und (exaktes) Messen („Sozialphysik“) wird versucht die Hypothesen zu bestätigen (verifizieren) oder abzulehnen (falsifizieren) (Popper). Basis dafür sind meist relativ einfache Modelle, die wenige unabhängige, erklärende Variablen (z.B. höherer SES) und wenige abhängige zu erklärende Variablen (Nahrungvezehr von Fleisch, Obst, Gemüse, usw.) umfassen.
Das Design der Studie wird festgelegt. Wenn der Meßzeitpunkt in der Vergangenheit liegt, sind es retrospektive Studien (Erinnerungen). Wird das gegenwärtige Verhalten verfolgt dann sind es Verlaufsstudien (Störfaktor – Beobachtung, Kontrollgefühl). Da Verhalten kein Zustand ist, sind longitudinale (prospektive) Studien-Designs angepasster als Querschnittsstudien („Bild“ vs. „Film“). Verhalten ist ein komplexes Konstrukt, deshalb ist ein Methoden-Mix angepasst. Ein weiterer Aspekt ist der mit welcher Meßgenauigkeit das Kontrukt erfasst werden sollte (Skalentypen: nominal – ordinal – Intervall - rational). Der Forscher muss die Natur, die kontiniuerlich ist, vermessen und zerlegen (Weizsäcker) (Kontinuum - gesund-krank). Es gibt viele Kriterien, die die Planung einer empirischen Studie leiten.
Nach der Vorbereitungsphase erfolgt die eigentlich empirische Arbeitsphase – die Feldarbeit.
Die Informationen (Daten) werden verarbeitet und ausgewertet. Dabei werden Daten in „Ordnungen“ gestellt (Kodierungen), dies ist wieder ein Prozess des Trennens und Einteilens. Die Informationen müssen auf ihre Richtigkeit kontroliert werden (Validität, Reliabilität). Dann kann die eigentliche Datenauswertung beginnen, dabei gibt es theorie-geleitete und explorative Auswertungsarten. Letztlich wird das Gesamte bewertet; dabei werden Sachverhalte in einem Beziehungsgitter betrachtet, und der Forscher versucht ein Urteil zu fällen, das gezeigte (Ernährungs)Verhalten ist eher negativ, neutral oder postiv (in Bezug auf eine Funktion, wie Gesundheit und langes Leben, oder einen Risikofaktor). Hier wiederum ganze Pallette von statisitschen Verfahren, von einfachen bivariaten Analysen bis hin zu System-Modell-Simulationen.
Abgeschlossen wird die Forschung mit Publikationen (und Vorträgen), bei denen schon die nächsten Pläne (weitere Fragestellungen) angekündigt werden (Zyklusbeginn).Bleibt noch zu erwähnen, das zum empirischen Forschen auch die Organisation und das Forschungsmanagement gehört. Von der Einwerbung von Forschungsmitteln, über „public realtions (Öffentlichkeitsarbeit), bis hin zur Mitarbeiterführung und Umgang mit Verwaltung und Behörden.
Erfolgreiche empirische Sozialforschung muss interdisziplinär angelegt sein, d.h. Spezialisten mit Sinn für Zusammenhänge sind daran zu beteiligen. (Spezialisten - müssen kommunizieren - um das Bild zu erkennen - Elefanten-Sage)
"Nicht die Natur ist spezialisiert, sondern die Spezialisierung der wissenschaftlichen Disziplinen" (Hoimar von Ditfurth)