Methoden zur Erfassung des Gesundheits- und Ernährungszustandes von Menschen (Kap. 3.3. aus OLT 134)

Der physiologische Zustand des Menschen ergibt sich aus der Reaktion des komplexen biologischen Organismus mit den Gegebenheiten seiner Lebensumwelt. Dabei ist ein Zusammenspiel von zwei prinzipiellen Bereichen zu beobachten. Der Organismus entwickelt sich (zeitliche Dimension, biologisches Alter) gemäß festgelegter Prozess-Abläufe (genetische Kodierung); jedoch wird das vorgegebene genetische Potential durch äußere Bedingungen unterschiedlich in Anspruch genommen und realisiert. Beides zusammen bildet den beobachtbaren, aktuellen Zustand von Menschen. Äußere Umstände (z. B. Mangel an Nahrung) können das menschliche Potential permanent beschränken; andererseits können auch optimalste Umwelt-/Lebensbedingungen nicht die biologischen Zustandsgrenzen überschreiten, die das Gen-Material individuell festlegt.

Die festgelegten Zustands-Faktoren-Bereiche können zusammenfassend als genetische Konstitution (Veranlagung) bezeichnet werden. Festgelegt ist im biologischen Sinn auch der zeitliche Ablauf, das Lebensalter. Bei ernährungsepidemiologischen Studien müssen beide berücksichtigt werden, deshalb wird im folgenden auf entsprechende Methoden hingewiesen.

Im vorgegebenen biologischen Rahmen reagiert der Organismus auf äußere Reize. Dabei muss die Rückkopplung betont werden; die Art und Größe der Reaktion auf aktuelle Reize, hängt von der Vorgeschichte ab, d. h. welcher Zustand dadurch realisiert wurde. So reagieren Kranke auf aktuelle Reize (Nahrungs-Bilanz) anders, als ausreichend-ernährte, unbelastete, gesunde usw. Menschen. So ist es wichtig, die (Krankheits-, Gesundheits-)Vorgeschichte zu ermitteln.

Die Ermittlung des (Lebens)Alters ist in den meisten Fällen einfach; man fragt die Studienteilnehmer einfach nach ihrem Alter; im Zweifel kann man auch amtliche Urkunden dazu heranziehen (Personalausweis usw.). Probleme ergeben sich dann, wenn man es mit Personen(Gruppen) zu tun hat, die darüber keine Auskünfte geben können oder wollen. Ein anderer problematischer Bereich betrifft die Ermittlung von zurückliegendem Alter; z. B. das Alter bei Eintritt von bestimmten für die Untersuchung wichtigen Ereignissen (z. B. Schwangerschaftsbeginn).

Jeder Mensch hat seine eigene individuelle Erbmasse. Diese allgemein bekannte Tatsache wird in ernährungsepidemiologischen Studien bisher stark vernachlässigt; zumeist begnügt man sich mit den einfachsten äußeren Differenzierungen, wie Geschlecht und Haut-Farbe (Rasse). Die Eigenarten der einzelnen individuellen Menschen können jedoch sowohl äußerlich weiter differenziert werden (durch detaillierte anthropometrische Messungen; Körperbautypus), und auch vor allem "innerlich". Man kann heute mittels automatischer Chromosomen-Analyse das Individuum auch biologisch differenzieren (Genom-DNA-Analyse).

Die Erkenntnisse der bisherigen ernährungsepidemiologischen Studien zeigen die Bedeutung der individuellen Reaktionen auf gleiche "Ernährungs-Reize". Das Ausmaß dieser "biologischen Individualität" soll durch folgende Hinweise umrissen werden. Im Jahre 1983 wurden bereits über 3000 genetische Störungen katalogisiert; davon waren rund 250 biochemisch definierbare Stoffwechselstörungen , darunter auch solche, die Nährstoffe betreffen (z. B. Störungen des Stoffwechsels von Aminosäuren [z. B. Phenylketonurie, PKU], von Vitaminen [z. B. Vitamin B12-Abhängigkeit], von Mineralstoffen [z. B. bei Kupfer, Wilson Disease], von Kohlenhydraten [z. B. Laktose-Intoleranz] und von Fetten [z. B. Ganglosidosis]) (Elsas, McCormick 1986). Heute wird bei fast allen ernährungsangängigen Stoffwechsel-Störungen bzw. -Erkrankungen die Bedeutung der Individualität von Menschen diskutiert.

Letztlich soll daran erinnert werden, dass es eine lange Reihe von verschiedenartigen individuellen Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten gibt. Die Spannbreite der zugrunde liegenden Ursachen reicht von psychologischen (z. B. Ekel, Neophobie usw.) bis hin zu sehr spezifischen stofflichen, immunologischen Reaktionen (Allergien). So gibt es viele verschiedene Reaktions-Mechanismen für die individuellen Unverträglichkeiten und die Liste der davon betroffenen Lebensmittel ist sehr lang - praktisch kann jedes Lebensmittel von einem bestimmten Menschen nicht vertragen werden. Alle Unverträglichkeiten zusammen betrachtet sind rund ein Drittel einer Bevölkerung davon betroffen. "Reine" Nahrungsmittel-Allergien findet man zwischen 0,3 bis 20% bei Säuglingen und Kleinkindern, sowie bis zu 3% bei Erwachsenen (Burr, Merrett 1983; Butkus, Mahan 1986).

Die skizzierte Vielfalt individueller biologisch, physiologischer Reaktionen von Menschen wird noch dadurch potenziert, dass ein Individuum nicht konstant auf gegebene Außenreize reagiert, sondern gemäß seiner "Vorgeschichte", die auch individuell ist. Dadurch werden mittels vielfältiger Anpassungs-Reaktionen individuelle Zustände "geprägt" (Blaxter, Waterlow 1985; Waterlow 1986; Young, Scrimshaw 1979). (Nutrition Programming)

Die Ermittlung des Geschlechts der Studienteilnehmer ernährungsepidemiologischer Studien erfolgt im allgemeinen durch eine einfache Frage, deren Richtigkeit durch in Augenscheinnahme überprüft werden kann. In besonderen Fällen können die primären und sekundären äußeren Geschlechts-Merkmale zur Ermittlung herangezogen werden und auch Analysen der Sexual-Hormone bzw. des menschlichen Chromosomensatzes.

Das biologische Merkmal der Rasse wird bei einigen ernährungsepidemiologischen Studien berücksichtigt. Die Ermittlung erfolgt meist durch eine entsprechende Befragung. Dabei werden neben Fragen nach der Stammes-Zugehörigkeit ("tribe") der betreffenden Person (und/oder seiner Eltern und weiterer Vorfahren), auch die Angaben zur Nationalität (bei Geburt) bzw. Staatsbürgerschaft, sowie die Hautfarbe herangezogen.

Die individuelle genetische Konstitution eines Menschen kann durch solche Eigenschaften beschrieben werden, die von den Erbanlagen abhängen (Genomanalyse). Eine solche Genomanalyse kann in verschiedener Weise erfolgen,
- nach äußeren Merkmalen (Phänotyp-Ebene) und
- nach inneren Merkmalen (Chromosomen-, Gen-, DNS-Ebene).

Eine umfassende Anwendung der heute bekannten Methoden der Human-Genetik ist sicher in der Regel nicht erforderlich, doch sollte eine Kooperation mit entsprechenden Fachleuten nicht gänzlich unterbleiben (Enquete-Kommission 1986; Kollek et al. 1986; Vogel, Motulsky 1982; Weiner, Lourie 1969).

Durch systematisches, gekonntes Betrachten der Erscheinung des Menschen kann bei entsprechenden Vorkenntnissen bereits relativ detailliert der Gesundheits- bzw. Ernährungs-Zustand beurteilt werden. Dramatische Abweichungen von der Gesundheit können auch Laien beurteilen.

Die spezifischen Kenntnisse stammen aus der entsprechenden Fach-Wissenschaft der Medizin; folglich ist dieser Methoden-Bereich - die Diagnose klinischer Mangelzeichen - auch das eigentliche Aufgaben-Gebiet für Mediziner.

Der Bereich, der hier wichtigen Methoden, kann in verschiedener Weise untergliedert werden. Ein häufiges Einteilungs-Prinzip orientiert sich am Grad der Erkrankung (Abb.34). Dabei ist der Tod (Mortalität) ein sicheres Ende der Achse Gesundheit - Krankheit, davor sind die klinischen Diagnosen von Krankheiten (Morbidität) zu sehen. Damit können äußerlich sichtbare Symptome bzw. Erscheinungen eingeschlossen sein, die nicht unbedingt einer spezielle Erkrankung zu zuordnen sind (z. B. Schweißausbruch, Atemnot, Schwellungen, Errötungen usw.). Im englisch-sprachigen Raum gibt es für objektive Krankheiten das Wort "disease". Dabei gelangt man an die Grenze zu den Beobachtungen , die die Menschen für sich selbst vornehmen. Die subjektive Beurteilung für Krankheit wird im Englischen "sickness" genannt. An dieser Stelle soll daran erinnert werden, dass sich im dynamischen Kontinuum des Gesundheits-Zustandes der einzelne Mensch in erster Linie selbst beurteilt. Er diagnostiziert seine Befindlichkeit und leitet daraus Handlungen ab, z. B. ob er sich vom Arzt weiter untersuchen lässt. Zu solchen Selbst-Beurteilungen zählen Befindlichkeiten (discomfort) (Müdigkeit, Kopfschmerzen usw.), Unfähigkeiten (disability) (hinsichtlich Übernahme von Funktionen der sozialen Rollen; zu sprechen, zu gehen, zu arbeiten usw.) und Unzufriedenheit (dissatisfaction) (Gefühle der Verlassenheit, Angst usw.). Das Verhalten des Menschen wird durch seine Gesundheit bzw. Krankheit und durch seine Befindlichkeit mitbestimmt; dafür ist im englischen Sprachraum der Begriff "illness behavior"(Krankheits-Verhalten) üblich.

Der Hauptteil im Bereich der klinische Diagnose stehen die Betrachtung des zu Untersuchenden durch einen Arzt hinsichtlich offensichtlicher Veränderungen am äußeren Erscheinungsbild des Menschen. Zu solchen klinischen Diagnosen gehören auch Messungen mit Apparaten (z. B. Blutdruck-Messung) und die der Körper-Maße sowie die heute in der modernen ärztlichen Praxis routinemäßig benützen klinisch-chemischen Analysen. Die klinische Diagnose zum aktuellen Zustand geht in der Regel einher mit Erkundigungen zur Vorgeschichte der untersuchten Menschen (Anamnese).

Die Befragung von Studien-Teilnehmern über die Krankheits-Vorgeschichte kann in einem engen Zusammenhang stehen, zu weiteren Informationen zu ihrem Gesundheits-Verhalten. Man kann nach Befindlichkeiten, Einstellungen, Handlungen, Inanspruchnahme von Hilfeleistungen usw. fragen.Bei der medizinischen Untersuchung kann auch nach der Zahl der Geburten; Schwangerschaftsverläufen; ua. gefragt werden.

Eine systematische Betrachtung von Gesunden im Vergleich zu Kranken hat im Laufe der Entwicklung der Medizin zu einer lange Liste von Erscheinungs-Auffälligkeiten geführt. Die Symptome sind mehr oder weniger spezifisch einzelnen oder in Kombination (Syndrom) den verschiedenen Erkrankungen bzw. Mangel- Zuständen zu zuordnen. Es ist praktisch nicht möglich, dass alle Symptome bei Studien herangezogen werden. Vielmehr ist je nach Studien-Ziel eine spezielle Auswahl vorzunehmen. Dabei ist jedoch folgender Ziel-Konflikt zu sehen; das systematische Betrachten schränkt die Sichtweite ein. Man muss offen sein für nicht in der Auswahl stehende Beobachtungen; man sollte offen sein, Besonderheiten zu sehen. Die Auswahl der klinischen Zeichen ergibt sich aus der Art und dem Grad der Vorinformationen über den Ernährungszustand im Untersuchungs-Gebiet.

Die Diagnose von klinischen Zeichen erscheint als eine relativ einfache und schnell durchzuführende Methode. Man betrachtet die leicht zugänglichen Körperpartien und Oberflächengewebe; das schließt auch das Ertasten von einigen leicht zugänglichen Organen ein (z. B. Leber, Milz und Schilddrüse) und auch die Verwendung von einfachen technischen Hilfsmitteln (Stethoskop, Ophthalmoskop, Otoskop usw.) mit ein. Den offensichtlichen Vorteilen müssen jedoch die Nachteile gegenüber gestellt werden. Sichtbar äußere Veränderungen sind immer das Ergebnis von längeren Entstehungs-Prozessen. Klinische Zeichen sind so keine Frühwarnzeichen; sie sind eher die sichtbare Spitze eines Problem-Berges ("Eisberg-Analogie"). Im Kontinuum von gesund bis krank (Abb. 34) treten sie erst relativ spät auf. Es sind keine sensitiven Indikatoren.

Die klinischen Zeichen sind auch in den meisten Fällen nicht sehr spezifisch. Der "weite" Weg des Entstehens des klinischen Zeichens, bedingt das nicht nur eine Ursache im Entstehungs-Prozess eingeht; sondern viele Faktoren sind in der Regel mitbeteiligt. Die Beachtung des Prozess-Charakters der klinischen Zeichen bedingt einen weiteren prinzipiellen Nachteil (der allerdings für meisten Zustands-Indikatoren) gilt. Die einmalige Betrachtung des Organismus kann selten eindeutig zeigen im welchen Stadium sich der Prozess befindet. Wird der Zustand schlimmer, oder ist man auf dem Weg der Besserung. Zeichen können auch verschieden lange sichtbar sein; z. B. sind die Mangelzeichen der infatilen Beri-Beri besonders kurz sichtbar.

Ein weiteres allgemeines Problem von klinischen Zeichen ist die Schwierigkeit sie zu objektivieren. Ein Mensch betrachtet einen anderen Menschen. Sowohl die Untersuchungs-Situation als auch das Objekt (der Studien-Teilnehmer) und das Subjekt (der Untersucher) sind keine festen Größen. Eine Reproduzierbarkeit der Diagnose ist nur bedingt möglich. Untersucher, die z. B. gewohnt sind große Variationen in klinischen Zeichen zu sehen; die in Situationen arbeiten, in denen viele Zeichen vorkommen, werden geringe Veränderungen kaum wahrnehmen (chronischer Missstand wird zur Normalität). Andere Untersucher, die Situationen gewöhnt sind, in denen alles normal ist, registrieren schon geringfügige Abweichungen vom Normalen.

Die aufgezeigten Problembereiche deuten an, dass die klinische Diagnose, doch kein einfaches Untersuchungsgebiet ist. Die Zuordnung der äußerlichen Symptome zu den verschiedenen Erkrankungen ist ein wesentliches Aufgabengebiet der Medizin. Die Pathophysiologie der Krankheiten und der Fehl-Ernährung soll und kann hier nicht wiederholt werden; dazu müssen die entsprechenden Standardwerke herangezogen werden (ICNND 1963, Jelliffe 1966, Jelliffe 1989, McLaren 1981, Sahn et al. 1984, Simopoulos, 1982, Weiner, Lourie 1969, WHO 1963).

Die Erfassung von Infektionen ist für die Ernährungszustands-Ermittlung wichtig (Bereich: Interaktionen zwischen Ernährung und Infektionskrankheiten); Befragungen; Diagnosen aus Blut (z.B. Malaria); Urin (Bilharziose), Stuhl (intestinale Würmer; Aufschwämmungen in physiolohischen Kochsalzlösungen; Mikroskop) (und auch biochemische Indikatoren - Immunglobuline u.a.)

Aus den Erkrankungs-Häufigkeiten können Ziffern berechnet werden, die den Gesundheitszustand beschreiben. Bei den Inzidenz-Raten wird das Eintreten der Erkrankung gezählt, bei den Prävalenz-Raten der Bestand der betreffenden Krankheit. Die absoluten Zahlen als solche sind nicht aussagekräftig, sondern man muss sie in Beziehungen sehen. Die Ereignisse müssen einen Bezugsrahmen erhalten. Dabei ist der Zeitraum (Jahr, Monat, Woche, Tag), das

(Erfassungs-)Gebiet (Land, Region, Stadt, Dorf) und die Bezugs-Gruppe (Wohnbevölkerung, Altersgruppen, Geschlecht usw.) festzulegen. Betrachtet man Todesfälle, dann wird von Sterblichkeits-Ziffern (Mortalitäts-Ziffern) gesprochen, werden die Erkrankungen berechnet, dann ergeben sich Krankheits-Ziffern (Morbiditäts-Ziffern).

Die einfachste Sterbeziffer, ist die allgemeine Sterbeziffer. Sie gibt an, wie viele Todesfälle (pro Jahr) pro 100.000 lebende Einwohner (im Land, Region) aufgetreten sind. Bei unterschiedlichen Alters-Zusammensetzungen der Bevölkerungen sind die Zahlen nicht unmittelbar vergleichbar. So gibt es Umrechnungen auf definierte Alterszusammensetzungen; dann spricht man von alters-standardisierten Ziffern.

Es können auch bestimmte Personengruppen (wie Säuglinge, Kleinkinder, Mütter usw.) und kürzere Zeitabschnitte herausgegriffen werden. In vergleichbarer Weise werden aus Erkrankungs-Häufigkeiten (Fällen, cases, attacks, Infektionen [akut, inapparent, primär, sekundär]) Raten bzw. Ziffern. Bei den Erkrankungshäufigkeiten gibt es noch eine Vielzahl von weiteren speziellen Berechnungs-Ziffern, die hier nur angedeutet werden sollen; wie Krankheitsdauer und Krankenhausverweildauer; oder bei arbeitenden Teilen der Bevölkerung, der Krankenstand.

Die Befragung kann zusätzliche Aspekte beinhalten, wie Inanspruchnahme des Gesundheitssystems; Handlungen, die auf Krankheiten folgen (Therapien, Arzneimittel-Einnahmen, Verhaltensänderungen usw.); Angaben über gesundheits-relevantes Verhalten; Befindlichkeiten, usw.

Die Klassifizierung der Krankheiten kann nach biologischen Gesichtspunkten erfolgen, wie es z. B. in der International Classification of Diseases (ICD) vorgenommen ist. Daneben sind weitere Einteilungen denkbar, wie z. B. Schwere der Erkrankung(subjektiv, objektiv), die Behandelbarkeit; Benutzung der verschiedenen (modernen, traditionellen) Gesundheits-Einrichtungen.

Die Ergebnisse von Selbstdiagnosen zur Befindlichkeit (s. S. 186) haben für ernährungsepidemiologische Studien einen hohen Stellenwert. Die Selbsteinschätzung des Menschen bezüglich seiner Befindlichkeit bzw. seines Gesundheitszustandes gehört in den Zwischenbereich von Medizin und Psychologie (z. B. psychosomatische Medizin). Man versucht das Subjektive objektiv zu erfassen. Das gefühlte Empfinden über seinen körperlichen und seelischen Zustand ist sehr wichtig und findet auch seinen Niederschlag in der Gesundheits-Definition der WHO (Abb. 48), die sogar das soziale Wohlbefinden mit einschließt. Dem zufolge gehört auch der psycho-soziale Bereich zur Selbsteinschätzung des Gesundheits-Zustandes; das Geborgenfühlen, die Sicherheit zu spüren, wenn es einem schlecht geht, Hilfe zu erhalten; oder eben sich Verlassen, Allein-Gelassen zu fühlen. Negative Selbstwertgefühle, Verlassenheit, Hoffnungslosigkeit und andere pessimistische Bewertungen führen zu erhöhten Krankheits- und Sterblichkeits-Ereignissen (Kaplan, Camacho 1983; Mossey, Shapiro 1982).

Abb.48 WHO-Definition von Gesundheit (WHO 1983a)

Die Erfassung des Seelen-, des Gefühls-Zustandes eines Menschen ist eine spezielle Forschungs-Aufgabe. Es ist problematisch, obwohl immer wieder versucht, durch formelle Befragungen dies zu erfassen. Die bereits bei dem Ernährungs-Bereich angedeutete Problematik der Befragung als Kommunikations-Problem ist hier noch ausgeprägter, da das Seelen-Leben, die persönlichen Empfindungen, die man zu sich selbst hat; eben etwas Privates sind. Das Gefühl was man sich, was man seinem Körper zumuten kann; welche Aufgaben man erfüllen kann, welchen Belastungen man sich gewachsen fühlt; dies kann nicht einfach abgefragt und einfach verstanden werden. Die Gültigkeit kann aus entsprechenden Handlungen (Aktivitäten, Zeit-Budget-Daten) abgeleitet werden; trotzdem kann eine objektiv klinische Diagnose über den körperlichen Zustand zu einem anderen Bild kommen. Psychosomatische Erkrankungen lassen sich oft nicht organisch bestätigen. Wir wissen, dass es Simulanten und eingebildete Kranke gibt; und wir wissen auch, dass psychische Faktoren einen hohen Stellenwert in der Krankheits-Genese haben. Viele moderne multifaktorielle Krankheits-Erklärungs-Modelle schließen solche Faktoren-Bereiche mit ein (s. S. 67). Die Wirkung der Psyche auf physiologische Vorgänge ist nachweisbar. Die Problematik der Methodik konnte nur knapp umrissen werden, es kann nur wiederum auf die entsprechenden Fachwissenschaften verwiesen werden (Baker 1977; Boekeloo et al. 1987; Kroeger 1983; Matthews, Haynes 1986; Orth-Gomer, Unden 1987; Thouez 1979; Viefhues 1981; WHO 1986, 1987).

Dieser Teil der klinischen Diagnose kann auch als Früh-Kennzeichen im Krankheits-Entstehen gesehen werden; während die objektive Diagnose eher ein spätes Erkennen darstellt. Ein weiterer spezieller Teil der klinischen Diagnose - die Messung der Körpermaße (die Anthropometrie) - wird im nächsten Kapitel behandelt.

(Hinweis - therapeutische Studien im Feld; z.B. Nährstoff-Supplemente geben, und sehen wie die klinischen Befunde reagieren; effektiver dann natürlich biochemische Indikatoren) (dieses gehört mehr in den Bereich - ernährungsepidemiologische Forschung; Nutrition Surveys im Rahmen von Public Health Nurtrion Programs können dies nicht leisten; doch die "Erheber" sollten sensibel dafür sein, Hinweise für Forschungsaufgaben zu geben; )

Photographische Dokumentationen von besonderen Befunden

Inspektion (Anschauen - klinische Zeichen); Palpation (Abtasten -z.B. Lebervergößerung); Auskultation (Abhören; Stethoskop); Perkussion (Abklopfen)

Hinweise:

Rapid Health Assessment Protocols for Emergencies - WHO, 1999 - http://apps.who.int/bookorders/anglais/detart1.jsp?sesslan=1&codlan=1&codcol=15&codcch=463# als Google Buch - http://books.google.de/books?id=GwBU1XGIepsC&pg=PA1&lpg=PA1&dq=%22Rapid+Health+Assessment+Protocols+for+Emergencies%22&source=bl&ots=1u_YZVFWnX&sig=Rc1Y0w_zqTQCd7l2APoDvQ1kN00&hl=de&ei=93SlSprUEJGJsAaJ4ejSBA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3#v=onepage&q=&f=false

Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme  -   10. Revision  -  Version 2006
http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlamtl2006/fr-icd.htm

elektronische Patientenakte - electronic medical record
Infos USA - 2006  /  USA - 2007

Literatur:

K.Huth, S.Wiese: Klinische Erfassung des Ernährungszustandes- Akt.Ern.-Med. 18_321_1993 (Anthropometrie; Bioimpedanz; biochemische Methoden)

Krankheitssymptome - bei www.netdoktor.de -

Zeithistorisch:
Bedingt durch die wachsende Spezialisierung der Medizin und der rasanten Entwicklung von (technischen) Diagnosegeräten (Entwicklung der Medizin- und Labortechnik) wurde versucht die Diagnose umfassend und örltich konztriert anzubieten - Menschen wurden in der "Deutschen Klinik für Diagnostik" in Wiesbaden (ab 1970) (wikipedia) die Möglichkeit geboten sich komplett "durchchecken" zu lassen. (Neben Diagnose von Erkrankten auch Vorsorge-Untersuchung von Gesunden).
(Diagnose-Klinik - Luxus für Alle. Spiegel 23.02.1970)