Ernährungswissenschaft

 Eine Betrachtung des Forschungsgegenstandes "Ernährung" führt schnell zu der Erkenntnis, dass dies ein weiter Forschungsbereich ist. Alle Lebewesen ernähren sich, von den Einzellern über Pflanzen und Tiere bis hin zu Menschen. Folglich kann die "Ernährungswissenschaft" die Ernährung aller Lebewesen umfassen. 

Der Begriff Ernährungswissenschaft wird nicht immer so breit gesehen, sondern häufig wird darunter nur der Forschungsgegenstand "Ernährung des Menschen" verstanden. Dabei gibt es Übergänge zur Tierernährung, vor allem wenn das Tier als Modell benutzt wird, wenn versucht wird aus den Ergebnissen von Tierexperimenten Rückschlüsse für die Ernährung des Menschen abzuleiten. Ist der Forschungszweck jedoch in dem Bereich angesiedelt, der das Tier als Produktionsmittel betrachtet, dann sind Fragen der Tierernährung eher den Agrarwissenschaften zu zuordnen. Untersuchungen über die Ernährung von Tieren, die einfach deshalb geschehen, weil die Ernährung ein Teil der Biologie von Tieren ist, zählen als zweckfreie Grundlagen-Forschung zur Zoologie, einem Teilbereich der Biologie

Selbst die Ernährungswissenschaft mit dem Untersuchungsgegenstand "Ernährung des Menschen" - also die Beschränkung auf eine Art - stellt ein so breites Forschungsfeld dar, dass es zu weiteren Unterteilungen kommen musste. Es gibt keine allgemeingültige Definition der Ernährungswissenschaft (Leitzmann, Oltersdorf 1985). (Beispiele von Definitionen der Ernährungswissenschaft - Übersicht)

Die eigene Definition: "Die Ernährungswissenschaft umfasst folgende Forschungsobjekte: Die Beschaffung, Auswahl, Bearbeitung, Verzehr und physiologische Wirkung der Nahrung (Stoffe) aufMenschen in verschiedenen Zuständen, Situationen, Anforderungen und Umwelten."

Vor allem in Deutschland hat eine Eingrenzung auf den naturwissenschaftlichen, physiologischen Bereich die wissenschaftliche Mehrheit - siehe: (wikipedia - Version - Juli 2015)

(Positionspapier Prof.Dr. Hannelore Daniel - 2004; Download

Die Praxis der bisherigen Ernährungswissenschaft belegt, dass die Bereiche Beschaffung, Auswahl, Bearbeitung, Verzehr und physiologische Wirkung der Nahrung(stoffe) auf Menschen in verschiedenen Zuständen, Situationen, Anforderungen und Umwelten erforscht werden. Daraus leiten sich jeweils begrenzte und speziellere Untersuchungsgegenstände und somit Teildisziplinen der Ernährungswissenschaft ab, wie Ernährungsphysiologie, -therapie, -ökonomie, -psychologie, -soziologie, -geschichte, -beratung; Lebensmittelkunde, -hygiene, - recht, Diätetik, usw.

(siehe auch Abbildung im Ernährungsbericht 1972)  (EB1972)

Die Vielzahl der Untersuchungsobjekte der Ernährungswissenschaft zeigt deutlich, die Ernährungswissenschaft ist keine Basis-Einzelwissenschaft, sondern eine Anwendungs- und Problem-orientierte Einzelwissenschaft, die auf Theorien, Methoden und Techniken einer aussergewöhnlichen Bandbreite von anderen Einzelwissenschaften zurückgreift. Die Ernährungswissenschaft benützt fast die gesamte Breite im RIEDL'schen Schichtenmodell (Abb); sie reicht von der Ebene der Moleküle (Nährstoffe, Enzyme) bis zu den Kulturwissenschaften (Ernährungsgeschichte). Ernährungswissenschaft ist folglich Natur- und Sozialwissenschaft. (Payne, Neuberger 1981).

Die verschiedenen Teilgebiete der Ernährungswissenschaft haben eine unterschiedliche Entwicklung hinter sich und finden einen unterschiedlichen Grad an Beachtung. Die Ernährungswissenschaft als organisiertes, eingerichtetes Wissenschaftsgebiet ist noch jung; selbst im Vergleich mit vielen anderen Wissenschaften. In Deutschland wurde der erste Lehrstuhl für Ernährungswissenschaft 1956 in Giessen (H.-D.Cremer) eingerichtet.

(Ernährungsbericht 1980 - Kap.4 - Ernährungsforschung und Gesundheitspolitik)

Institute der Ernährungswissenschaften in Deutschland

Studiengänge in Deutschland

Ranking - Ernährungsforschung (Laborjournal 2007)

Organisation - Deutsche Gesellschaft für Ernährung - DGE
(Liste der Präsidien, der Jahres- und Arbeitstagungen)
- VDOe -

International Union of Nutrirional Sciences (IUNS)

Dagegen sind Fragen der Ernährung für Menschen uralt; sie bewegen ihn von Beginn an. (Geschichte der Ernährungswissenschaften)

(siehe auch Entwicklung Kap 1.2. /- Zukunft - der Ernährungswissenschaft - aus OLT134)  (dazu Abb. 5 - Stoffwechselwege / Abb.6 Nährstoffbedarf-Kenntnisse / Abb. 7 - Vielzahl von Inhatlsstoffen / Abb.8 - Herz-Kreislauf-Erkrankunsfaktoren / Abb.9 - Beziehungsgitter - Funktionen - Ernährung)

(Veränderung der) Prioritäten in der Ernährungsforschung (OLT134M - Ü7) (OLT134M _ Ü8)  (Stoessel in Bild der Wissenschaft - Teil 1 / Teil 2)

Haushalts-Wissenschaften + Ernährungswissenschaften = Oecotrophologie

Teilgebiete der Ernährungswissenschaft:

Lebensmittelwissenschaften

Ernährungsphysiologie

Ernährungsmedizin

Ernährungsökonomie

Konsum- und Markforschung

Verbraucherforschung

Ernährungspolitik

Ernährungskommunikation

Ernährungsökologie

Ernährungsphysiologie

Ernährungspsychologie

Ernährungssoziologie

Kulturwissenschaften der Ernährung  - Gastrosophie - Kulinaristik

Bromatologie  -   Kochkunst 

Ernährungsverhaltensforschung    (Ernährungsverhaltens-Bereich)

Ernährungsepidemiologie

Public Health Nutrition

Forschungsinformationssystem Agrar / Ernährung- Informationsportal des Bundes und der Länder http://www.fisaonline.de/index.php?lang=dt 

Fachschaften (Verbund mit Ernährungswissenschaften)

http://www.symbiose.de/     (sk, Symbiose - Bundesfachschaftentagung)

Linseisen, J. et al. (für die DGE): Perspektiven für die Ernährungsforschung 2022. Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V.   Ernährungs-Umschau Dez 2022, S. M662- M667 / Maid-Kohnert, U.: Editorial Ernährungsforschung – da geht noch mehr! / DGE spricht sich für Stärkung der deutschen Ernährungsforschung aus
Positionspapier der DGE zu den Perspektiven der Ernährungsforschung erschienen.  Pressemitteilung der DGE 15.12.2022
a. Weiterentwicklung von Ernährungsempfehlungen
b. Neue Technologien und Data Science in der Ernährungswissenschaft
c. Lebensmittelinhaltsstoffe und Lebensmittelverarbeitung
d. Neue Ansätze der Ernährungsverhaltensforschung
e. Gesundheitsfördernde und faire Ernährungsumgebungen
f. Monitoring und Surveillance im Ernährungsbereich
g. Physiologische Aspekte der Ernährung auf verschiedenen Ebenen
"Die nationale Ernährungsforschungslandschaft ist aufgrund der Interdisziplinarität der Forschungsfragen fragmentiert und im internationalen Vergleich ungenügend sichtbar."

Am Max Rubner-Institut (MRI) richtet die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft eine Vernetzungsstelle zur Bündelung und Verstärkung der Ernährungsforschung in Deutschland ein. BMEL-Pressemitteilung 05.12.2019 ( Food-Navigator 09.12.2019)

FoodDACH - Kooperation der Ernährungsforschung in D - A - CH (Info zu BMBF - Pressemitteilung - 4.1.2013) (UniHohenheim - 7.12.12)/ Europäische Forschungsinitiative Foodbest (link)

Forschungsförderung durch das BMBF - Kompetenzcluster der Ernährungsforschung (link) - kooperiert mit EU-Joint Programming Initiative   - "A Healthy Diet for a Healthy Life" (JPI HDLH)
Interdisziplinäres Cluster der Ernährungsforschung - Healthy Food Choices at all stages of life - www.enable-cluster.de -
- DietBB - From Epidemiology to Evidence-based Communication:  Competence Cluster in Nutrition Research University of Bonn - www.diet-body-brain.de  -

EU-Projekt zum aktuellen Bedarf an Infrastuktur für die Lebensmittel- und Gesundheitsforschung in Europa- link - EuroDISH - www.eurodish.eu - DISH-Model - Determinats (Behahvior) - Intake (Nutrition Survey) - Status (Nutritional indicators) - Health (and Disease; functions of diet)
(Public health nutrition orientiert)

Zeitgeschichtliche Informationen zur Ernährungswissenschaft in Deutschland (aus persönlicher Sicht - Schwerpunkt - Dortmund/ - Kraut (wg.Bumbuli) - und Giessen/ Cremer  - Institut für Ernährungswissenschaft - Geschichte des IfE)

Zeitgeschichtliches Dokument der DGE: Sachverständigenverzeichnis (Teil 1Teil2 ) (Menden/Haas - Dokumentationsstelle)- zeigt wer in der deutschen Ernährungswissenschaft (Zeit 1990) (Institute und Personen) für welches Gebiet eine Experte war  (nur die Institutsleiter genannt, nicht Mitarbeiter) - Ortsverzeichnis; Stichwortverzeichnis

Informationen des FNIC/USAD - link - Academic Nutrition and Food Science Programs 

Entwicklung der Absolventenzahlen (Oecotrophologen)
VDOe-Position 2012_01, S.26-27 (im Archiv)  (gibt bisher ca 30.000 Absolventen)

Liste der Ernährungswissenschaftler bei wikipedia -

Literatur: 

Gretel H. Pelto and Hedley C. Freake for the ASNS Long Range Planning Committee: Social Research in an Integrated Science of Nutrition: Future Directions . Nutr. 133:1231-1234, April 2003 

S. H. Zeisel, L. H. Allen, S. P. Coburn, J. W. Erdman, M. L. Failla, H. C. Freake, J. C. King, and J. Storch: Nutrition: A Reservoir for Integrative Science . J. Nutr. 2001 131: 1319-1321 - 

Garza, C. et al.: Best practices in nutrition science to earn and keep the public's trust. Amer J clin Nutr. 109(1) 225–243 doi.org/10.1093/ajcn/nqy337 (18.01.2019)  (ref. FoodNavigator 13.02.2019)
- genereller Verlust von Vertrauen in die Wissenschaft (Autoritäten), immer weniger Kontrolle der übermittelten Informationen (durch unabhängige Experten)   - rasante Zunahme von unkontrollierten (ungeprüften, falschen, Interesse-geleiteten) Informationen im WWW (soziale Medien) -  Beispiel: Zucker - Verknüpfung Wissenschaft/Marketing (Stakeholder/Lobby)
Conflict of Interests (COIs) - finanzielle Abhängigkeiten; aber auch Weltanschauung/Netzwerke - Interessengruppen - sind zu wenig transparent
unterschiedliche Bedeutung der Information für einzelne gesellschaftliche Gruppen / Abwägen von Vor- und Nachteilen (risk/benefit) - Rigorose Qualitätskontrolle der wissenschaftlichen Studien (objektiv) - Probleme der komplexen Ernährungsmodelle (Bewertung)
- Transparenz der Forschung; Transparenz der Kommunikation ("Sender" - Public Relations) / Transparenz in Entwicklung der Regeln/Empfehlungen/guidelines
- Ungleichheit in der Gesellschaft / Konflikte / arm - reich / verschiedene Empfehlungen
Problem: unterschiedliches Verstehen der Informationen (Kommunikationsmodelle; Empfänger) - Bildung, Kompetenz -
Akzeptanz von differenzierten Empfehlungen vs festen Regeln
 

Ernährung des Menschen - Wikipedia - der Beitrag hat gewisse "Eigenarten", z.B. historische Gesichtspunke sind überrepräsentiert; Literaturauswahl und Hinweise auf Institutionen lückenhaft

Elmadfa, I.: Ernährungslehre.   UTB-Ulmer 4.Aufl. 2019