03/19/20
Hortung (abgeleitet von „Hort“), umgangssprachlich auch Hamstern genannt, bedeutet, Nahrungsmittel, oder andere Konsumgüter, Geräte und Sachen über den Eigenbedarf bzw. die zum Ausgleich schwankender Verfügbarkeit (jahreszeitlich bedingter Ernte, saisonaler Verfügbarkeit oder nur gelegentlicher Beschaffungsmöglichkeit) nötige Speicherung hinausgehend zu bevorraten (⇒ Vorratshaltung).
Die vorbeugende Anlage von Notvorräten zu Zeiten guter Versorgungssituation ist hierbei grundsätzlich eine positive Maßnahme der Risikobegrenzung für Notzeiten mit unzureichenden Beschaffungsmöglichkeiten (z. B. Hungersnöte); sie wird daher auch staatlicherseits empfohlen. (⇒ Katastrophenschutz).
In Situationen in denen es zu Versorgungsengpässen kommt, ist das übermäßige Hamstern sozial negativ zu bewerten, es mindert anderen Mitbürgern die Erwerbsmöglichkeiten. Der Begriff selbst ist auf das Säugetier Hamster zurückzuführen, das Vorräte in den Backentaschen mit sich herumführt.
Hortung kann als Massenphänomen zu unerwünschten Folgen führen: so führte im Römischen Reich die Geldverknappung (Deflation) durch Hortung zum drohenden Zusammenbruch des Handels. In Zeiten politischer Krisen wird daher oftmals versucht, die Bevölkerung möglichst durch Aufklärung und Propaganda vom Horten abzubringen. Während des Zweiten Weltkriegs kam es in Folge der Kriegswirtschaft in Deutschland zu Hamsterkäufen, durch Berichte über aufgedeckte und bestrafte Hamsterer versuchte die Propaganda diesen entgegenzuwirken.
So enthielt etwa das in der Schweiz während des Kalten Krieges verbreitete Zivilverteidigungsbuch drastische Schilderungen der Folgen des Hortens für die Versorgung der Bevölkerung. Auch wurden Pläne für eine Rationierung der wichtigsten Verbrauchsgüter vorgestellt, die Hamsterkäufe verhindern sollten.
Meist ist das Phänomen des übermäßigen Hortens zeitlich begrenzt und endet mit dem Wegfall des Grundes. In von Mangelwirtschaft geprägten Ländern kann es jedoch zum Dauerzustand werden.
Im größeren Umfang gab es das Hamstern in Deutschland in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Für die hungernde städtische Bevölkerung fuhr (z.B. mit der Eisenbahn) in ländliche Gebiete und versuchte, bei den Bauern Sachwerte gegen Kartoffeln, Eier, Speck, usw. zu tauschen. Es war nicht ungewöhnlich, dass man weite Strecken mit der Bahn fuhr, nur um einen Sack Kartoffeln zu besorgen. Oft durchwühlten die Leute auch bereits abgeerntete Äcker nach vergessenen Kartoffeln, um diese mit nach Hause zu nehmen. Viele halfen den Bauern auch gegen Bezahlung in Naturalien bei der Ernte. Nach der Währungsreform 1948 füllten sich die Geschäfte wieder mit Waren und die Hamsterfahrten gingen zurück.
Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl versuchten Verbraucher, noch unbelastete H-Milch zu horten.
2006 horteten viele Privatpersonen aufgrund der laut Medienberichten drohenden Vogelgrippe H5N1 große Mengen von Medikamenten, die angeblich gegen das Grippevirus wirkende Substanzen enthalten.
Das für September 2012 festgesetzte Verkaufsverbot von Glühlampen in der EU führte zu Hamsterkäufen, da Verbraucher die als Ersatz angebotene Energiesparlampe nicht akzeptieren wollten.
Im Februar und März 2020 kam es wegen des Corona-Virus in einigen Ländern teilweise zu einem Ausverkauf von bestimmten Waren in Supermärkten und Drogeriemärkten. Zudem kam es zu Massenaufkäufen von Waren und dem Weiterverkauf zu überhöhten Preisen.
Informationen
- Wikipedia - engl. Hoarding -
- Wiktionary -
Sonderauswertung experimenteller Daten zeigt Vorratskäufe von Speiseöl und Mehl. StatistikBundesamt 01.04.2022 - Seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine stieg in Deutschland die Nachfrage nach Mehl und Speiseöl - beides Produkte, die in großem Maße in der Ukraine produziert werden. dpa-Pressemeldung 01.04.2022 z.B. in Bürstädter Zeitung + Rhein-Zeitung
Lebensmittelhandel: Bitte auf Hamsterkäufe verzichten! dpa-Pressemeldung am 15.03.2022 z.B. in Bürstädter Zeitung und Rhein-Zeitung - (Bezug - Krieg in der Ukraine)
Verband: Sonnenblumenöl bald Mangelware. dpa-Pressemeldung am 14.03.2020 z.B. in Bürstädter Zeitung + Rhein-Zeitung -
- "Hamster-Index" der Lebensmittel-Zeitung - "Die Hamsterkäufe gehen in Deutschland langsam zurück. Hoch bleiben die Käufe von Fertigprodukten zum Anrühren und Desinfektionsmitteln." link bei www.foodaktuell.ch 08.04.2020 + link bei www.lebensmittelzeitung.net 07.04.2020
- Leere Regale in der Coronakrise: Wie viele Deutsche wirklich gehamstert haben. Food-Monitor 28.05.2020 (https://www.rabodirect.de/banking-for-food )
- Als die Deutschen schon einmal das „Hamstern“ erlernten. Die Welt 04.03.2020
- Coronavirus in Deutschland: Supermarktketten berichten von ersten Hamsterkäufen. Spiegel 28.02.2020
- Coronavirus: Die Psychologie hinter den Hamsterkäufen. Deutsche Welle 15.03.2020
- Vom Hamstern und Zöpfeln: In Zeiten von Corona sollte man backen, zum Beispiel einen weichen, tröstlichen Hefezopf. Doch dafür muss man erst mal Weizenmehl und Hefe im Supermarkt finden. TAZ 21.03.2020
Hamsterkäufe in Europa. Deutsche horten Klopapier, Spanier und Italiener Wein. t-online 20.03.2020
Want to stop consumer hoarding in times of crisis? link bei www.eurekalert.org 02.04.2020 ⇒ Ching, A.T., Osborne, M.: Identification and Estimation of Forward-Looking Behavior: The Case of Consumer Stockpiling. Forthcoming in Marketing Science; Rotman School of Management Working Paper No. 2594032 . Available at SSRN: https://ssrn.com/abstract=2594032 or http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2594032 -
Hamstern und Herdentrieb - Auf den Spuren ausverkaufter Lebensmittel im ersten Lockdown. idw-Pressemitteilung 16.02.2021 der www.hs-geisenheim.de ⇔ Lehberger, M. et al.: Panic buying in times of coronavirus (COVID-19): Extending the theory of planned behavior to understand the stockpiling of nonperishable food in Germany. Appetite https://doi.org/10.1016/j.appet.2021.105118 (12.01.2021)