12/09/24
Der Holobiont oder das Gesamtlebewesen ist ein biologisches System, das aus einem eukaryoten Wirtsorganismus und einer Mehrzahl mit diesem eng zusammenlebenden prokaryoten Arten besteht. Das Wort führte 1991 die Biologin Lynn Margulis ein.
Die aktuelle Forschung in den Lebenswissenschaften legt nahe, dass alle Eukaryoten mit ihnen förderlichen Prokaryoten (Bakterien und Archaeen), möglicherweise unter Einschluss der Viren, eine Lebensgemeinschaft bilden, vielfach sogar auf sie angewiesen sind. Die symbiotisch funktionale Lebensform ist nicht als Ausnahme, sondern als allgemeine Erfordernis zu verstehen. Holobionten sind also mehrteilige ökologische Einheiten. Das Genom des Holobionten besteht aus den Genomen des Wirts und seiner Symbionten, also aus mehreren Genomen; es wird auch als Hologenom bezeichnet. Einen Holobionten als Metaorganismus zu bezeichnen drückt aus, dass in Zusammenhang mit dem großen Organismus, oft in dessen Innerem, etwa im Verdauungstrakt, ein Mikrobiom existiert: sein eigentümlicher Mikroben-Komplex. Arten des Mikrobioms können auch als freilebende Organismen existieren und jeweils individuell aus der Umwelt aufgenommen werden. Oft handelt es sich aber um spezialisierte Symbionten, die abseits ihres Wirts nicht mehr vorkommen, allein nicht mehr lebensfähig sind. Diese enge Lebensgemeinschaft kann, im Zuge einer Symbiogenese, bis zur Integration des Symbionten in seinen Wirtsorganismus fortschreiten.
Der Begriff „Holobiont“ enthält das Zusammenwirken verschiedener Arten, was ihn vom Begriff „Superorganismus“ unterscheidet, in dem Individuen derselben Art zusammen leben. Beispiel: Bienenstaat; auch dessen Individuen besitzen ihr eigenes Mikrobiom.
Die stammesgeschichtliche Entwicklung von Pflanzen und Tieren war vermutlich auf Symbiose mit Mikroorganismen angewiesen. Die Mehrzahl der Bakterien und auch der Viren ist selten schädlich, sie hilft viel eher, Anatomie und Physiologie zu gestalten oder zumindest zu modulieren.
Die Säugetiere machen in der beschriebenen Hinsicht keine Ausnahme. Auch der Mensch ist ein Holobiont. Sein Mikrobiom beeinflusst beispielsweise das Nervensystem und die persönliche Individualität. Wer durch vaginale Geburt zur Welt gekommen ist, hat sein Mikrobiom von der Mutter mitbekommen, und zwar Stämme der Actinobacteria und Bacteroidia. Die im mütterlichen Darm vorherrschenden Clostridien wurden bei Babys jedoch nicht beobachtet. Kaiserschnitt-Babys können über einen Vaginalabstrich das mütterliche Mikrobiom als Erstausstattung erhalten.
Vor den Küsten Australiens und Japans wächst die rote Delisea pulchra. Erstmals kamen Bakteriophagen und andere Viruspartikel in dieser Großalge im Transmissionselektronenmikroskop zum Vorschein. Mit Sequenzieren der Nukleinsäuren wurden Gruppen von Viren mit doppelsträngiger RNA nachgewiesen, die zur Gattung Totivirus gehören. Außerdem wurde ein Virus mit einzelsträngiger RNA aus der Ordnung Picornavirales identifiziert.[9]
Die Holobiomik ist die wissenschaftliche Analyse einer Lebensgemeinschaft von Holobionten, bei der der Schwerpunkt auf den Verbindungen zwischen ihren Bestandteilen im Rahmen der vorherrschenden Umweltbedingungen und nicht auf den einzelnen Teilen liegt. Der wissenschaftliche Ansatz für diesen neuen Forschungsbereich beruht auf dem Konzept des Holismus. Die Holobiomik zielt darauf ab Holobionten eines Systems, ihre Eigenschaften und die Wechselwirkungen zwischen den symbiontischen Partnern in ihrer Gesamtheit zu untersuchen. Um die Eigenschaften und Interaktionen der Symbiosepartner und Organismen zu bestimmen, werden in der Regel Techniken der Molekularbiologie, Ökologie und Modellierung verknüpft.
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