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01/17/18

Steckrüben - Kohlrüben

Die Steckrübe (Brassica napus subsp. rapifera Metzg., Syn.: Brassica napus subsp. napobrassica Mill.), auch Kohlrübe, ist eine Unterart des Rapses (Brassica napus). Sie wird als Gemüse genutzt. Sie ist zu unterscheiden von der Speiserübe (Brassica rapa subsp. rapa).   Steckrüben (Brassica napus) waren früher ein einfaches (arme Leute) Gemüse. Ihre anderen Namen - besonders Kohlrüben und Wruke (auch Erdkohlrabi; Erd-, Boden-, Schmalzrübe; Ruke; Dorsche; franz - chou-navet; englisch - turnip, - italienisch - navone; öster. - Unterkohlrübe; fränkisch - Erddorsch) waren in früheren Generationen geläufiger. Sie werden im wesentlichen als Viehfutter genutzt.

Steckrüben haben eine annähernd runde Form, eine grüne bis gelbliche, manche Sorten auch rötliche, derbe Schale und weißliches bis gelbes Fleisch mit einem herbsüßen, an Kohl erinnernden Geschmack.

Die Steckrüben erreichten Deutschland im 17. Jahrhundert aus Skandinavien, daher auch der Name „Schwedische Rübe“. Der tatsächliche Ursprung der Steckrübe ist jedoch ungeklärt. Heute wird sie weltweit in allen gemäßigten Klimazonen angebaut. Erntesaison in Europa ist September bis Mai.

Die Kohlrübe war schon vor ihrem Einsatz als Nahrungsmittel in Notzeiten der Gegenstand kulinarischer und sozialer Betrachtungen: „‚Du hättest sie hören sollen […] wie sie das dürftige Kleinleben ausmalte, für das sie nun mal nicht geschaffen sei; sie sei nicht für Speck und Wruken und all dergleichen.‘ […] ‚Hm,‘ sagte Schmidt, ‚das gefällt mir nicht, namentlich das mit den Wruken. Das ist bloß ein dummes Vornehmtun und ist auch kulinarisch eine Torheit; denn alle Gerichte, die Friedrich Wilhelm I. liebte, so zum Beispiel Weißkohl mit Hammelfleisch oder Schlei mit Dill – ja. lieber Marcell, was soll dagegen aufkommen?‘“ – Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel
In Notzeiten waren Steckrüben mehrfach die letzte Nahrungsreserve für einen Großteil der Bevölkerung. In die Geschichte eingegangen ist der sogenannte deutsche Steckrübenwinter während des Ersten Weltkriegs 1916/17 („Früh Kohlrübensuppe, mittags Koteletts von Kohlrüben, abends Kuchen von Kohlrüben.“). Da die Kartoffelernte im Herbst 1916 eine Missernte war, wurden Steckrüben als Ersatz herangezogen. Sie waren vorher hauptsächlich als Schweinefutter angebaut worden. Da praktisch alle Lebensmittel in Deutschland knapp waren, dienten Steckrüben als Basis für die verschiedensten Gerichte, 1917 erschienen eigens Steckrüben-Kochbücher. So gab es Rezepte für Steckrüben-Marmelade, Aufläufe, Suppen, Sauerkraut-Ersatz aus Steckrüben und sogar Steckrüben-Kaffee. Das Rezept lautete: „Steckrüben raspeln und im Ofen trocknen. Die getrockneten Rübenschnitzel werden dann durch eine Kaffeemühle gedreht. Wie normales Kaffeemehl behandeln.“ Mit Bezeichnungen wie „Ostpreußische Ananas“ sollte dieses Gemüse der Bevölkerung schmackhaft gemacht werden.  Davon abgeleitet wurden auch Bezeichnungen wie „Mecklenburgische Ananas“ üblich.  Da Steckrüben in der Bevölkerung trotz der schlechten Ernährungslage unbeliebt waren, hatte die Reichskartoffelstelle am Ende des Winters 1917 noch etwa 80 Millionen Zentner Steckrüben übrig, die nicht verteilt worden waren. Sie wurden zu Dörrgemüse und Rübenmehl weiterverarbeitet. Dieses Mehl wurde dann mit Kartoffelmehl und mit Maggi-Suppenwürfeln gemischt und als „Vollkost“ in den Handel gebracht, wobei jede Familie eine gewisse Menge abnehmen musste, um andere Lebensmittel kaufen zu können. 

Zum Verzehr werden eigentlich nur die kleineren (<1,5kg) gelbfleischigen Wurzelknollen verwendet; die größeren weißfleischigen sind die Futterkohlrüben
Zur Zubereitung werden Steckrüben in der Regel geschält, in dicke Stifte oder Würfel geschnitten, mit Fett und Flüssigkeit gedünstet und nach Rezept weiterverarbeitet (sie sind aber auch roh genießbar, z. B. geraspelt als Salat). „Sie haben […] die […] Eigenschaft, fast jeden Geschmack anzunehmen. Kocht man sie mit Sellerie, Kohlrabi oder Möhren, so entsteht jeweils das betreffende Gemüse. Macht man sie mit Gurken ein, schmecken sie wie diese. Kocht man sie mit Äpfeln, so bekommt man mit wenigen Äpfeln viel Apfelmus." Im Hungerwinter 1946/47 nach dem Zweiten Weltkrieg kamen in Ermangelung ausreichender Nahrungsmittelmengen die Ersatzrezepte für Steckrüben vielfach zum Einsatz.
Steckrüben enthalten Traubenzucker, Eiweiß, Fett, schwefelhaltige ätherische Öle, Mineralstoffe, Carotin, Provitamin A und die Vitamine B1, B2, C sowie Nicotinsäureamid. Durch ihren hohen Wassergehalt sind sie sehr kalorienarm.

Die Kohlrübe wird von der Narrenzunft Inneringen als Narrenkleid verwendet. Dies geht zurück auf eine Sage, wonach ein Bauer aus Inneringen im 19. Jahrhundert bei einem Markt in Sigmaringen die größte Kohlrübe („Kohlrabe“) aufzuweisen hatte. Hieraus entstand der Neckname „Kohlraben-Köpf“, den die Narrenzunft dann 1983 für ihr Narrenkleid aufgegriffen hat.

Seit etwa 10 Jahren gibt es eine gewisse Renaissance für Steckrüben in Deutschland. Nun wurde sie zum „Gemüse des Jahres“ für 2017 und 2018 erkoren. Der „Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt“ (www.nutzpflanzenvielfalt.de ) hat dieses mild-süßliche Wintergemüse zur Liste der gefährdeten Kulturpflanzen hinzugefügt, um auf den rückgängigen Anbau dieses traditionell gezüchteten Raps-Kohls aufmerksam zu machen. (Flyer)  (BZfE News 17.01.2018)

Weitere Informationenü
Wikipedia - deutsch  /  englisch - Rutabaga
in www.answers.com- Rutabaga
Purdue University - Rutabaga -
- Körber-Grohne, U.: Nutzpflanzen in Deutschland. Kulturgeschichte und Biologie. K.Theiss-Verlag, Stuttgart, 1987 (im Archiv), S. 152-161: Raps, Schnittkohl, Kohlrübe (Brassica napus L.)
aid - www.was-wir-essen.de - Steckrüben (AID - Alte Gemüsesorten) (Steckrüben - aid aktuell - 06.01.2016)
ARD- HR (Alte Gemüsesorten) -
- Steckrüben: Von der Notration zum Trendgemüse. NDR Ratgeber 1311.2019
Wiener,S.: Zutat: Steckrüben. TAZ 19.01.2019
Magazin www.effilee.de - Steckrübe
Schrot&Korn - Wurzeln aus Großmutters Garten
--- www.kuechentipps.de  - Warenkunde - Steckrüben
--- Harald Rossa: Steckrüben in Deutschland
--- Gemüsebroschüre des MLR-BW
Hüttenhilfe - Steckrüben
Slow Food Magazin Nr6_2009
Schneider, I.: Saison für Steckrüben - Von der Stippe zum Sternegericht. Slow Food Magazin Nr.06_2020, S.40-43
(Unterart des Rapses; viele alte Sorten sind verschwunden; Produktion im Jahr 2000: 600to, 2013: 4500 to - in Deutschland)
Die Steckrübe: Ein beinahe vergessener Bodenschatz. link 12.04.2024 von www.deutsches-obst-und-gemuese.de/steckrueben/ -
Alles Gute kommt von unten: Wunderbares Wurzelgemüse. link von www.deutsches-obst-und-gemuese.de/steckrueben/ 26.02.2024

Wiener,S.: Dreierlei von der Steckrübe. TAZ 07.02.2015

Speiserüben liegen im Trend nach ursprünglicher und einfacher Küche. Food-Monitor 20.01.2021 ⇒ link bei www.rlv.de - 20.01.2021

Jetzt erfahren sie - als Steckrübe - ein gewisseses Revival (Wiederbelebung) - siehe Informationssammlung (OLT02_01_2009 -im Archiv)
Herbstlicher Gemüsegenuß.  MLR_BW 05.10.2017 -
Von der Notration zum Trendgemüse. NDR 04.10.2016
- Gelbe Steckrüben sind feiner im Geschmack. dpa/tmn-Meldung 11.01.2018 z.B. in Rhein-Zeitung + Münchner Merkur -

(Cartoon in TAZ - 31.12.2008 - "Die kalte Steckrüben-Küche" - das erfolgreichste Kochbuch 2009;  Zeichner Mathias Hühn - http://www.huehn-illu.de/ (Scan vorhanden)

Infos zu Steckrüben-Winter - Deutschlandfunk - 20.11.2008 - link 

Briefmarken mit Steckrüben wurden bisher nicht entdeckt, es gibt zwei Ausgaben mit Kohlrüben:
Dänemark Färöer (MiNr.708-09, 20.09.2010)  Landwirtschaftliche Produkte: Kartoffeln + Kohlrübe (Abb)
Tuvalu (MiNr.1990-2001, Block 212; 23.04.2014) Gemüse - Kohlrübe (Abb)

Jetzt gibt es eine Steckrübe aus Island (29.10.2020) (Abb)