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04/06/20

Speierling - Sorbus domestica

Der Speierling (Sorbus domestica) – regional auch Spierling, Sperberbaum, Sperbelbaum, Sporapfel, Spierapfel, Spreigel genannt – ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Mehlbeeren (Sorbus) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Er gilt als Wildobstbaum und ist als Wildgehölz eine der seltensten Baumarten in Deutschland; 1993 wurde der Speierling hier wegen seines rückläufigen Bestandes zum Baum des Jahres gewählt.
Der Speierling wurde bereits von Theophrast (4. Jh. v. Chr.), Plinius (1. Jh.) und Karl dem Großen als Obstgehölz anerkannt. Der Gattungsname Sorbus leitet sich von dem lateinischen Wort sorba für Speierling (Sorbus domestica L.) und Elsbeere (Sorbus torminalis (L.) Crantz) ab, denn Plinius hatte die Elsbeere zu einer Art von Speierling gezählt. Der Speierling wurde seit der Antike als Nahrungsmittel geschätzt. Die Römer sorgten für eine zusätzliche Verbreitung nördlich der Alpen. Auch Karl der Große ließ »sorbarios« (Capitulare de villis vel curtis imperii) anbauen, womit wohl der Speierling gemeint war.
Der Speierling wächst als mittelgroßer, sommergrüner Baum. Er erreicht freistehend Wuchshöhen von bis zu 20 Metern, im Hochwald gelegentlich über 30 Meter, und kann als freistehender Einzelbaum Stammdurchmesser von über 100 Zentimeter erreichen. Einzelne Exemplare des Speierling können ein Alter von bis zu 400 Jahren erreichen, in Mitteleuropa allerdings meist deutlich weniger. Der Speierling bildet ein tiefreichendes Wurzelsystem. Die Rinde ist rau. Der Speierling bildet bald eine rissige, an älteren Stämmen kleinschuppige, relativ dunkle graubraune Borke, die der eines Birnbaums ähnlich ist.
Von der verwandten Vogelbeere ist der Speierling durch seine deutlich größeren Apfelfrüchte leicht zu unterscheiden. Die Früchte reifen im September bis Oktober. Die meist 2 bis 3 cm langen und fast ebenso dicken, birnen- bis apfelförmigen, bei Reife grün-gelblichen, olivbraunen bis rötlich gelben Früchte können sich sonnenseits oft rötlich färben und vollreif schokoladenbraun werden. Sie können nach Größe, Form und Färbung von Exemplar zu Exemplar erheblich variieren. Das pergamentartige Kerngehäuse besteht aus meist fünf Kammern. Die Früchte enthalten jeweils einen oder meist zwei, eiförmige und orange-braune, etwa 6–9 Millimeter große Samen, manchmal auch fünf bis sechs oder maximal zehn Samen.
Das Verbreitungsgebiet des Speierlings reicht von Süd- und Südosteuropa bis Kleinasien und Nordwestafrika. In Deutschland ist der Speierling vor allem im Südwesten zu finden, im Rhein-, Neckar und Nahetal, im Taunus und in Unterfranken. Er kommt zerstreut im nördlichen Baden-Württemberg (Kraichgau, Bauland, Stromberg), in der zentralen Pfalz, entlang der Mosel, in der nördlichen Eifel sowie in Mainfranken vor; selten ist er im nördlichen Thüringen sowie westlichen Sachsen-Anhalt. Seit mehr als 100 Jahren ist ein starker Rückgang des Speierlings in Europa festzustellen.
In den Jahren von 2010 bis 2013 sind die Vorkommen von zehn seltenen heimischen Baumarten in den deutschen Wäldern ermittelt worden, im Auftrag der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Projekts "Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen seltener Baumarten in Deutschland". Vom Speierling wurden dabei 2.500 Exemplare in natürlicherweise vorhandenen Beständen erfasst (ohne gepflanzte „Feldspeierlinge“). Die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Exemplare des Speierlings findet man demnach in Baden-Württemberg und in Bayern. In Hessen gibt es 400 bis 500 Exemplare des Speierlings, die 80 Jahre oder älter sind.

Die Früchte werden roh oder gegart gegessen. Wenn man die Früchte an einem kühlen Ort lagert bis sie überreif sind, sollen sie auch roh gut schmecken. Die Früchte können auch getrocknet verwendet werden. In der Volksmedizin spielten die Früchte wegen ihres Gerbstoffgehalts eine Rolle als adstringierendes Hausmittel bei Magen- und Darmbeschwerden wie Durchfall bzw. Ruhr. Heute werden sie zu Mus und Marmeladen verarbeitet oder vergoren und gebrannt. Der Fruchtertrag ist nicht gering: So trägt der mit einem Stammdurchmesser von anderthalb Metern größte existierende Speierling in Österreich jährlich rund 500 Kilogramm. Die geringe Größe der Früchte macht die Ernte allerdings recht mühsam.
Der ausgesprochen tanninreiche Saft noch nicht vollreifer Früchte wird mancherorts bei der Herstellung von Apfelwein in geringen Mengen (1 bis 3 %) zugesetzt. Der so gewonnene klare, haltbare und herbe Apfelwein wird auch verkürzt „Speierling“ genannt und gilt als Spezialität im Frankfurter Raum. Dieser Speierling-Apfelwein ist nicht allzu häufig und seiner aufwendig vom Baum zu erntenden Zutat halber meist etwas teurer als der Standard.

Genutzt wurde auch traditionell das feste schwere Holz, und die Tannin-reiche Broke als Gerberlohe. Der Speierling hat ein sandfarben bis rötliches Splintholz und ein oft bräunlich abgesetztes, hartes und zähes Kernholz. Mit einem Trockengewicht von 0,88 g/cm³ (Darrdichte) ist es das schwerste europäische Laubholz. Es wird im Werkzeugbau und für den Bau von Musikinstrumenten (Dudelsäcke) geschätzt, zum Schnitzen und Drechseln verwendet, sowie als wertvolles Möbel- und Furnierholz (unter dem Namen „Schweizer Birnbaum“) gehandelt. Es wird als Baumaterial sowie Dachbedeckung verwendet.

 

Informationen
- wikipedia -  englisch - Sorbus domestica -

Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen  der Flaum-Eiche (Quercus pubescens),  der Elsbeere (Sorbus torminalis) und  des Speierlings (Sorbus domestica)  in Deutschland. Endbericht, BLE, 08.03.2013. 113S.  link - bei www.genres.de - Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen seltener und gefährdeter Baumarten in Deutschland (Zusammenfassung) - link - BLE

Freund aller Durstigen. TAZ  04.10.2003
Baum des Jahres: Der Speierling also! TAZ 11.01.1993

Speierling -Edles Obst für Kenner. link bei www.br.de 26.02.2016
Der Speierling (Sorbus domestica) link bei www.waldwissen.net (Schweiz) (Koni Häne - Mitglied unserer AG)
Speierling: Eine heimische Rarität. link bei www.apotheken-umschau.de 31.08.2015
Speierling. link bei www.kob-bavendorf.de (Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee)

Prüfer, Tilman: Bitteres Früchtchen. Der Speierling ist ein Obstbaum, dessen Früchte ihren Zauber entwickeln, wenn die fast verderben. Die Frucht des Speierlings ist sehr sauer, doch wenn sie überreif ist, schmeckt sie süß wie Apfelmus / kann zur Marmelade verarbeitet werden, als Schnaps gebrannt werden, und auch roh zu verzehren. Zeit-Magazin 11.11.2021, S.50-51 - ist ein Wildobst , Wedig Kausch-Blecken von Schmeling (Bovenden bei Göttingen) / Förderkreis Speierling (Kelterei Günther Possmann)

Taubmann, Horst: Comeback für den Speierling. Slow Food Magazin, Nr.1/2004, S.32-33 (scan im Archiv)

Es gibt bisher drei Briefmarkenausgaben mit dem Speierling:

Bosnien-Herzegowina (Kroatische Post Mostar) (MiNr.202, Block11; 25.04.2007) Blockausgabe: Tag des Baumes - Speierling (Sorbus domestica)  (Abb) (Block)

Luxemburg (MiNr.1404-07, 09.12.1996) Wohlfahrt: Einheimische Bäume (II)  u.a. Speierling (Sorbus domestica) (Abb)

Slowenien (MiNr.997, Block 67; 22.03.2013 - Obstsorten: Speierling (Sorbus domestica) (Abb) (Block).

Baum des Jahres: Der Speierling. Verwandte Sorbusarten als Briefmarkenmotiv von J.Gaebeler,Bonndorf. Agrarphilatelie Heft 67/Okt.1992,  S.225-226 (damals gab es noch keine Briefmarken mit Speierling.

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