06/10/21

Gemeiner Beifuß (Artemisia vulgaris)


Der Gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris), auch Gewürzbeifuß oder Gewöhnlicher Beifuß genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Artemisia in der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Seine Nutzung hat in vielen Regionen eine lange Tradition, so hat er viele verschiedene Namen (link), wie Besenkraut, Gänsekraut (er wird zur besseren Verdauung des Gändebratens genutzt), Wilder Wermut und Weiberkraut. Artemisia vulgaris kommt vermutlich wild in Europa, den gemäßigten Gebieten Asiens und in Nordafrika vor. In Nordamerika und Grönland ist er ein Neophyt. Der Beifuß ist ein typisches „Hackfrucht-Unkraut“ und verbreitete sich vermutlich zusammen mit dem neolithischen Ackerbau. In Mitteleuropa findet er sich seit der Bandkeramik. Die ursprüngliche Verbreitung des Beifußes ist heute nicht mehr zu bestimmen, nachdem er durch den Menschen über fast alle nördlichen Gebiete der Erde verbreitet wurde. Der Beifuß ist in allen Bundesländern Österreichs und Deutschlands häufig anzutreffen. In den Allgäuer Alpen steigt er bis zu einer Höhenlage von 1650 Metern auf. Beifuß neigt zu fast unkrautartigen Verbreitungen.

Die ausdauernde krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen von 60 Zentimeter bis zu 2 Meter. Der Beifuß ist ein ausdauernder, kurzlebiger Hemikryptophyt, er wurzelt 60 bis 155 mm tief. Die meist aufrechten Stängel sind höchstens spärlich behaart. Die fiederteiligen Laubblätter sind derb, meist 2,5 bis 5 (selten bis zu 10) Zentimeter lang und 2 bis 3 Zentimeter breit. Die Blattoberseite ist grün, die Unterseite weißfilzig. Die Blütezeit erstreckt sich von Juli bis September. Die Fruchtreife beginnt ab September. Solange die Blütenkörbchen noch geschlossen sind, schneidet man die oberen Triebspitzen ab. Sobald sich diese öffnen, werden die Blätter bitter und eignen sich nicht mehr zum Würzen. Die Erntezeit für die Wurzel ist der Spätherbst.
Die Blätter des hochgiftigen Blauen Eisenhuts weisen eine gewisse Ähnlichkeit auf. Im Gegensatz zu den Beifußblättern sind sie an der Unterseite allerdings nicht weißfilzig. Das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) ähnelt ebenfalls dem Beifuß.

Der Beifuß ist ein altes einheimisches Gewürz und Heilkraut (link). Beifuß wird als Gewürz zu fetten, schweren Fleischgerichten (z.B. Gänsebraten) benutzt. Die enthaltenen Bitterstoffe regen die Bildung von Magensaft und Gallenflüssigkeit an und unterstützen so die Verdauung (Gewürzliköre). Beifuß wurden als Heilkraut  gegen Epilepsie („Valentinskraut“) und in der Gynäkologie verwendet.  Beifuß sowie mit Beifuß gewürztes Bier galten im späten 18. Jahrhundert als der weiblichen Gesundheit in Bezug auf Fruchtbarkeit, Menstruation und Geburt förderlich. Auch sollte es bei Nieren- und Blasensteinen Heilung verschaffen.
Die wichtigsten Inhaltsstoffe im Kraut des Beifußes sind die Sesquiterpenlactone, die für den bitteren Geschmack verantwortlich sind, und bis zu 0,2 % komplex zusammengesetztes ätherisches Öl (u.a. Kampfer, Thujon). Weitere bioaktive Stoffe im Beifuß sind Flavonoide (z.B. Quercetin), Hydroxycumarine (z.B. Umbelliferon) und Carotnoide. Einige Inhaltsstoffe (beispielsweise Thujon) (s. Absinth) sind giftig und machen längere Anwendungen (z.B. in Aroma-Therapien) oder hohe Gaben bedenklich.
Beifuß-Pollen haben ein hohes Allergie-Potential.
Beifuß wird zur Gewinnung von Öl für die Parfümindustrie in Nordafrika (Algerien, Marokko) und Südeuropa (Frankreich, Balkan) angebaut. Durch Wasserdampfdestillation wird aus den getrockneten Pflanzen Parfümöl („Essence d’Armoise“) gewonnen.

Vom Beifuß gibt es eine europäische (Artemisia vulgaris var. vulgaris) und eine asiatische Varietät (Artemisia vulgaris var. indica), die sich in der Zusammensetzung des ätherischen Öls unterscheiden. Die Zusammensetzung variiert jedoch auch schon lokal stark.

Der Einjährige Beifuß (Artemisia annua) ist eine Pflanzenart in der Gattung Artemisia  emthält Artemisinin wird von der traditionellen chinesischen Medizin schon lange erfolgreich als Mittel gegen Malaria eingesetzt. 2015 wurde die chinesische Pharmakologin Tu Youyou für die Substanzgewinnung von Artemisinin mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet.

Informationen:

- wikipedia - engl. Artemisia vulgaris -
- link bei www.gernot-katzers-spice-pages.com -

Mann, C.: Übersichtsarbeit: Der Gewöhnliche Beifuss (Artemisia vulgaris) - eine Pflanze im Wandel der Zeit.  Schweiz Z Ganzheitsmed 28:33-44 https://doi.org/10.1159/000443298  (2016)

- Informationssammlung  OLT 2014

Beifuß: Feinherbes Kraut für fettreiche Speisen.  BZfE News 09.06.2021

Caroline Meier zu Biesen: Globale Epidemien – Lokale Antworten. Eine Ethnographie der Heilpflanze Artemisia annura in Tansania. Campus, Frankfurt/M 2013 
Malaria ist eine der weltweit häufigsten Erkrankungen - jährlich sterben über zwei Millionen Menschen an dieser Epidemie. Vor dem Hintergrund globaler Machtkonstellationen untersucht Caroline Meier zu Biesen die Einführung der chinesischen Heilpflanze Artemisia annua in Tansania, die als vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Malariatherapien angesehen wird. Im Fokus der Untersuchung steht die Wandlung von der Heilpflanze in ein Arzneimittel, dessen Produktion und Distribution den Gesetzen des Weltmarkts unterliegt.

Die Heilpflanze Artemisia annua: Tee gegen Malaria.  SWR Odysso (13.07.2006)
Malaria: Pflanze hilft besser als Pille. TAZ 17.01.2013

Stindt, A.: Beifuß hemmt Entzündungen und schützt vor Bakterien, Pilzen und Viren. link bei www.heilpraxisnet.de 25.07.2023 ⇒ Nigam, M. et al: Bioactive Compounds and Health Benefits of Artemisia Species. Natural Product Communications doi.org/10.1177/1934578X19850354(24.07.2019) - Sumbe, R.B. et al.: A pharmacotherapeutic screening of Artemisia vulgaris whole plant: A brief review.  Journal of Pharmacognosy and Phytochemistry 12(1) 298-302 (2023) - Ji Xiao et al.: Antiviral activities of Artemisia vulgaris L. extract against herpes simplex virus.  Chinese Medicine doi.org/10.1186/s13020-023-00711-1 (28.02.2023)

Krebsbekämpfung: Dynamit aus dem Beifuß. Als Zusatz zu herkömmlichen Therapien soll der Wirkstoff aus dem Einjährigen Beifuß dazu beitragen, schnell wachsende Krebszellen innerlich zu sprengen. TAZ 20.07.2007  - Artemisia annua, nicht zu verwechseln mit dem Gewürz (Artemisia vulgaris)

Vermeintliches Heilmittel gegen Corona: Der Zaubertrank aus Madagaskar. Das Kräutergebräu CVO (Artemisia-Tee) soll gegen Covid-19 helfen.  TAZ  17.05.2020

Beifuss gibt es auch auf Briefmarken.

 

 

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